Griechen-Poker: EZB knickt wieder ein
Wer hat hier mehr Angst?

Gute Nachricht für Athen: Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die Notkredite für griechische Banken auf dem bisherigen Niveau.
Publiziert: 28.06.2015 um 19:33 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 09:49 Uhr
Von Michael Bolzli

EZB-Chef Mario Draghi hat im letzten Moment den Griechen über ihre dringendsten Liquiditätsprobleme hinweggeholfen. Trotzdem gab Griechenlands Premier Alexis Tsipras gestern Abend bekannt: Die Banken bleiben ab heute im Land geschlossen. Bancomaten geben nur noch begrenzte Beträge. Auslandsüberweisungen werden ebenfalls eingeschränkt.

Viele EU-Politiker hätten nichts dagegen gehabt, wäre Draghi hart geblieben. Der Internationale Währungsfonds erwartet am Dienstag eine Schuldenrückzahlung von über 1,6 Milliarden Euro. «Vielleicht kann Athen das Geld auftreiben. Aber ohne neue Hilfsgelder würde die Zahlungsunfähigkeit weiterhin drohen», sagt Felix Brill, Ökonom vom Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. Griechenland braucht bald noch mehr Geld. Am 20. Juli sind 3,6 Milliarden für die EZB fällig.

Tsipras selbst markiert immer noch den starken Mann. Um die nötigen Hilfsgelder zu bekommen, müsste er die von den Geldgebern geforderten Reformen umsetzen. Er müsste die Renten kürzen und die Mehrwertsteuer erhöhen. Doch seine Syriza-Regierung will das unbedingt abwenden. Am Samstag stiess der Premier die EU erneut vor den Kopf: Am kommenden Sonntag will er die Bevölkerung über das EU-Sparpaket abstimmen lassen. Gestern segnete das griechische Parlament das Vorhaben ab. Syriza empfiehlt ein Nein. Doch Tsipras will in der Euro-Zone bleiben. Erwartet er, dass die EU erneut einknickt? «Mit einem klaren Nein haben wir eine bessere Verhandlungsposition», liess er verlauten.

Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen: Laut einer Umfrage der Zeitung «To Vima» wollen 47 Prozent der Griechen dem Reformpaket der EU-Finanzminister zustimmen. Ein Drittel ist dagegen, 20 Prozent sind unentschlossen.

Entschlossen zeigt sich Deutschland: «Herr Tsipras möchte nur Angebote annehmen, wo Europa keinerlei Bedingungen für Reformen in Griechenland stellt», klagte Vizekanzler Sigmar Gabriel gestern der «Süddeutschen». Das werde man auch nach einem Referendum nicht akzeptieren.

Tsipras’ Finanzminister Yanis Varoufakis twitterte gestern, Europa fürchte einen Euro-Austritt Griechenlands. Weil dann Portugal, Spanien, Italien, sogar Frankreich gefährdet seien.

Alle haben Angst. Alle pokern. Wo wird es enden?

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