Yvonne Eggermann (50) arbeitet Teilzeit in der Kinderreitschule Rössli Hü im luzernischen Horw. Der Umgang mit Pferden und Kindern erfüllt sie, aber leider verdient sie bei weitem nicht genug, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können.
Deshalb war sie im vergangenen Jahr froh, dass ihr das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) eine 50-Prozent-Stelle als Buchhalterin bei der Firma Alvernia United GmbH vermittelte. In Cham, Kanton Zug.
Gregor W.*, der Chef, behandelt sie zunächst zuvorkommend. Eines Tages verspricht er sogar, 20 Reitabonnemente für ein Kinderheim zu finanzieren. Wert: rund 20'000 Franken. Eggermann ist entzückt. Es erscheint ihr wie ein Traum.
Nicht zu tun bei der Arbeit
Doch bald kommt ihr so manches suspekt vor. «Ich hatte keinen Computer, auch kein Buchhaltungsprogramm, mir wurde nicht einmal richtig klar erklärt, was die Firma eigentlich tut», sagt Eggermann. Sie habe auch fast nichts zu tun gehabt: «Vielleicht mal einige Spesenbelege, die ich ablegen sollte, sonst nichts.»
Vollends argwöhnisch wird sie, als ihr kein Lohn ausbezahlt wird. «Man hat mich immer wieder mit Ausreden vertröstet», so Eggermann heute. Sie verlässt sich auf die Storys ihres Chefs, will daran glauben, denn sie ist wirklich auf das Geld angewiesen.
Doch der Lohn kommt nicht. Inzwischen verfügt Eggermann immerhin über einen Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde Arbeitsrecht des Kantons Zug. Dieser verpflichtet den Arbeitgeber, mehrere Tausend Franken Lohn zu zahlen.
Chef Gregor W. argumentiert: «Eggermann ist unfähig, eine Buchhaltung selbständig zu führen.» Deshalb sei sie gleich wieder entlassen worden. Allerdings kann Eggermann belegen, dass ihr nicht «gleich wieder» gekündigt worden ist. Die Lohnschuld beziffert W. als höchstens halb so hoch wie gefordert. Die Schlichtungsbehörde aber gibt Eggermann recht.
Schon ganze Gemeinde hintergangen
W. ist kein Unbekannter. Vor rund zwei Jahren trat er bereits in der deutschen Allgäu-Gemeinde Rettenberg in Erscheinung. Dort versprach er, 80 Millionen Euro in die Erneuerung des kleinen Skigebiets Grünten zu investieren (BLICK berichtete). Bezahlt hat W. nie. Immer wieder hielt er die Gemeinde hin, heute stehen die Skilifte in der bayerischen Feriengemeinde still. Rettenberg schrieb das Geld ab. Es war zu schön, um wahr zu sein (siehe Box).
Niemand dachte wohl jemals daran, Handelsregisterauszüge oder die Kreditwürdigkeit von W. zu prüfen: Sie ist auf dem tiefstmöglichen Stand. Allein in den Jahren 2014 bis 2016 wurde er in Cham ein Dutzend Mal betrieben oder gepfändet.
«Man muss unterscheiden zwischen meiner persönlichen Kreditfähigkeit und der meiner Kunden», betont «Investor» W. Die mangelnde persönliche Kreditfähigkeit und verschiedene Betreibungen seien auf einen Streit mit seiner Unfallversicherung zurückzuführen.
1992 habe er einen schweren Unfall erlitten, seither sei er nur begrenzt arbeitsfähig und habe Anspruch auf eine Rente von der Versicherung. Die jedoch werde nicht mehr bezahlt.
Allerdings sind auch seine Firmen wenig kreditwürdig: W. hält insgesamt zwölf Mandate in konkursiten und weitere zehn in aktiven Firmen. Alle werden mit tiefer Zahlungsfähigkeit bewertet – C bis E auf einer Skala von A bis E. Seine Alvernia United GmbH zum Beispiel wird mit E bewertet.
Tätigkeiten in anderen Geschäften
Seit April ist W. zudem Vorsitzender der Geschäftsführung bei der TJK Bau GmbH in Cham (Zahlungsfähigkeit C). Die Firma ist interessant, weil dort als Geschäftsführer Pierre P.* amtiert.
Auch P. ist kein Unbekannter: Vor etwa zehn Jahren gründete er eine Donatorenvereinigung für die Schweizer Skispringer rund um Olympiasieger Simon Ammann. P. versprach viel, aber zahlte wenig. 2012 wurde darüber hinaus bekannt, dass P. als Chef der Schweizer Uhrenhandelsfirma RAM Sponsor des Eishockeyvereins Lakers war, aber viel Geld schuldig blieb.
Die Uhrenfirma RAM ist mittlerweile liquidiert. Gemäss Handelsregister hat Pierre P. 19 Mandate in aktiven und 23 in konkursiten Firmen.
* Namen geändert
Sie können gut reden, haben eine gewinnende Persönlichkeit und versprechen den Opfern, wovon diese bisher nur träumten: Seien es 80 Millionen Franken für ein darbendes Tourismusgebiet, mehr Aufträge für ein Geschäft, das man gerne ausbauen würde, oder eine besonders lohnende Investitionsgelegenheit, die den vorzeitigen Ruhestand ermöglichen soll.
Weil es ein so schöner Traum ist, wollen die Opfer ihren Betrügern glauben – zumindest wollen sie deren Aussagen nicht unbedingt hinterfragen. Deshalb werden Behauptungen nicht sorgfältig genug geprüft, geschweige denn in Frage gestellt: etwa die Kreditwürdigkeit des vermeintlich reichen Investors. Dabei ist gerade dann grosse Vorsicht geboten, wenn etwas zu gut erscheint, um wahr zu sein. Denn meist ist das Versprechen dann genau das: zu schön, um wahr zu sein.
Sie können gut reden, haben eine gewinnende Persönlichkeit und versprechen den Opfern, wovon diese bisher nur träumten: Seien es 80 Millionen Franken für ein darbendes Tourismusgebiet, mehr Aufträge für ein Geschäft, das man gerne ausbauen würde, oder eine besonders lohnende Investitionsgelegenheit, die den vorzeitigen Ruhestand ermöglichen soll.
Weil es ein so schöner Traum ist, wollen die Opfer ihren Betrügern glauben – zumindest wollen sie deren Aussagen nicht unbedingt hinterfragen. Deshalb werden Behauptungen nicht sorgfältig genug geprüft, geschweige denn in Frage gestellt: etwa die Kreditwürdigkeit des vermeintlich reichen Investors. Dabei ist gerade dann grosse Vorsicht geboten, wenn etwas zu gut erscheint, um wahr zu sein. Denn meist ist das Versprechen dann genau das: zu schön, um wahr zu sein.