Graue EU-Liste der Steueroasen
Schweiz kriegt in EU-Steuerfragen wohl eine weisse Weste

Die Schweiz soll in EU-Steuerfragen eine weisse Weste kriegen. Über der Schweizer Wirtschaft hing der Platz auf der grauen Liste der Steueroasen neben Panama und Co. wie ein schwarzer Schatten. Auf dem Spiel standen Tausende Arbeitsplätze und hohe Steuereinnahmen.
Publiziert: 09.10.2019 um 23:20 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2021 um 18:52 Uhr
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Finanzminister Ueli Maurer hoffte, dass die Schweiz dank der Unternehmenssteuerreform III (USR III) nicht auf eine Steueroasen-Liste der EU kommt. Doch die Vorlage scheiterte im Februar 2017 an der Urne.
Foto: keystone
Claudia Gnehm

Bundesräte, Konzernchefs, Verbandsdirektoren, Politiker – sie alle weibelten hartnäckig bei der EU, damit die Schweiz von der grauen Liste der Steueroasen gestrichen wird. Sich in der Gesellschaft von Ländern wie Andorra, Macao oder Bahrein zu befinden, war für die Schweiz mehr als bloss ein Reputationsproblem.

Heute dürfte es endlich so weit sein. Die Schweiz soll eine weisse Weste kriegen. Die EU-Finanzminister in Luxemburg wollen der Schweiz offiziell bescheinigen, keine Steueroase zu sein.

Der Bund und die Wirtschaft haben damit Grund zum Aufatmen. Zwar war die Schweiz nie auf der schwarzen Liste von nicht kooperativen Drittstaaten wie Trinidad, Fidschi und Samoa. Aber die Lage war dennoch ungemütlich und schadete dem Standort, besonders nachdem das Fürstentum Liechtenstein bereits vor einem Jahr eine weisse Weste kriegte.

Gegenmassnahmen wie Sanktionen von EU-Ländern müssen zwar nur Staaten auf der schwarzen Liste befürchten. Doch Frank Wettstein, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen, betont auf Anfrage: «Die Schweiz war erst auf der Beobachtungsliste, das rief aber bei bestehenden und potenziellen Investoren wegen der unklaren Rechtslage Verunsicherungen hervor.»

Ständiges Risiko

Laut Steuerexperte Christian Frey vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist es für die Wirtschaft enorm wichtig, dass das Schweizer Steuersystem international akzeptiert wird. Es gehe um nicht weniger als die Erhaltung von Tausenden Arbeitsplätzen und Milliarden Steuersubstrat.

Nicht nur Schweizer, sondern auch internationale Firmen im Lande seien darauf angewiesen, dass ausländische Steuerbehörden die hierzulande bezahlten Steuern anerkennen, wie Frey ausführt. Andernfalls müssten die Unternehmen bei ihren Aktivitäten im Ausland mit dem ständigen Risiko steuerlicher Sanktionen und Doppelbesteuerungen rechnen. Das würde der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts massiv schaden.

Kein Grund zum Ausruhen

Im Dezember 2017 hatten die EU-Minister insgesamt 17 Staaten auf eine «schwarze» und rund 45 Staaten auf eine «graue Liste» gesetzt. Der Streit um das Steuerregime hing aber schon viel länger über dem Wirtschaftsstandort Schweiz. Noch vor der Finanzkrise 2005 kritisiert die EU die Schweizer Sonderbesteuerung als verbotene staatliche Beihilfe und als schädlichen Steuerwettbewerb.

Den Durchbruch brachte am 19. Mai die Annahme der AHV-Steuervorlage. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die Reform, die Anfang 2020 in Kraft tritt, bereits im Juli 2019 in einem Update ihrer Liste der Steuerregimes anerkannt. Nun folgt die EU.

Ausruhen könne sich die Schweiz aber nicht, sagt Steuerexperte Frey von Economiesuisse. Mit den internationalen Entwicklungen im Bereich der Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft stünden die nächsten Herausforderungen vor der Tür. Die Schweiz müsse sich rasch überlegen, wie sie sich auf neue Entwicklungen einstelle. Andernfalls drohe der Verlust von Steuersubstrat.

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