Der Gotthardstrassentunnel könne für mindestens zwei Jahrzehnte ohne einen einzigen Tag Totalschliessung weiter betrieben werden, sagte Stefan Krebser, Präsident von Railvalley, laut Mitteilung am Mittwoch vor den Medien in Bern. Gemeinsam mit fünf weiteren Vertretern des Komitees «Bürgerliche gegen zweite Röhre» stellte er Alternativen zum Bau einer zweiten Gotthardröhre vor.
Ein neuer Bericht des Bundesamts für Strassen (ASTRA) habe die Faktenlage völlig verändert, ist sich das Komitee einig. «Die Tunneldecke ist offenbar in einem besseren Zustand als dies noch 2010 angenommen wurde», sagte Hans-Peter Fricker, alt Verfassungsrat FDP Zürich.
Fricker sieht im Bericht des ASTRA eine Bestätigung, die Gesamtsanierung aufzuschieben. Dies hätte zudem den grossen Vorteil, dass bis 2035 die Auswirkungen der NEAT eingehend studiert und neue Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, sagte Fricker.
Dem stimmte auch der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber zu. «Diese wertvolle Zeit soll nun genutzt werden, um den Betrieb NEAT anlaufen zu lassen», so Graber.
Krebser verwies auch auf die Reduktion der Schadeffekte dank neuer Technik in der Zukunft. «In 20 bis 25 Jahren werden mit Gewissheit vorwiegend abgasarme Fahrzeuge den Tunnel durchfahren», so Krebser. Dies verlängere die Lebensdauer des Tunnels und vereinfache dessen Sanierung.
Eine Alternative zu einer zweiten Röhre wäre ein Bahnverlad, um die Personenautos zwischen Göschenen UR und Airolo TI zu transportieren. Lastwagen sollen auf sogenannten rollenden Landstrassen (RoLa) passieren.
Gegen die RoLa hatten sich die Kantone Uri und Tessin ausgesprochen, weil diese Verladestationen auf ihrem Territorium erforderten. «Durch den Bericht des ASTRA wurde nun aber plötzlich klar, dass die Installationsplätze für eine zweite Röhre in der Leventina und im Kanton Uri viel mehr Platz bräuchten als allfällige temporäre Verladerampen», sagte Sinue Bernasconi von den Jungfreisinnigen Tessin.
Mit dem Konzept sollen rund zwei Milliarden Franken gespart und die Sanierung bis 2026 abgeschlossen werden. «Der erneuerte Tunnel steht somit rund zehn Jahre früher zu Verfügung», sagte Oskar Stalder vom Team unabhängiger Ingenieure und Verkehrsexperten.
Die Bahn könne die genannte Alternative nicht bewältigen, warnte indes der ehemalige BLS-Direktor Mathias Tromp am Dienstag in der «Neuen Zürcher Zeitung». Der NEAT-Basistunnel habe weder die Kapazitäten noch sei er an der Bauweise darauf ausgerichtet, den Lastwagenverkehr durch den Gotthard aufzunehmen.
Für Nationalrätin Isabelle Chevallay (GLP/VD) ist der Bau reine Geldverschwendung. «Was viele Befürworter immer vergessen ist, dass auch die zweite Röhre Unterhalt benötigt.», sagte Chevallay. Allein diese verursache in den nächsten 30 bis 40 Jahren rund zwei Milliarden Franken Mehrkosten. Dieses Geld würde dann den Agglomerationen fehlen.
Der Vorschlag des Bundesrates sehe zudem unnötige Anpassungen an EU-Normen vor, anstatt die Funktionalität und Sicherheit zu gewährleisten, sagte Krebser. Als Beispiel nannte er die Anhebung der Zwischendecke von 4,5 auf 4,8 Meter.
Bernasconi macht sich zudem Sorgen, dass nach einem Bau trotzdem alle vier Spuren genutzt werden. Der Kanton Tessin werde bereits heute von einer Blechlawine überrollt. Eine zweite Röhre würde diese Problematik verschärfen.
Am 28. Februar wird das Stimmvolk über eine zweite Gotthardröhre abstimmen. Es ist das dritte Mal, dass das Volk direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Strassentunnels durch den Gotthard entscheiden kann. Bisher sagte es Nein.
Bundesrat und Parlament haben den Bau einer zweiten Röhre beschlossen, um die Nord-Süd-Verbindung durch den Gotthard aufrecht zu erhalten, während der existierende, 1980 gebaute Strassentunnel saniert wird.