Gopfried Stutz zur AHV
Die grösste Sorge der Jungen? Die AHV - das kanns wohl nicht sein

Mein Sohn und meine Tochter schüttelten nur den Kopf, als ich ihnen erzählte, die grösste Sorge der Jugendlichen sei ihre Altersvorsorge.
Publiziert: 19.09.2020 um 15:18 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2020 um 00:35 Uhr
Claude Chatelain, Wirtschaftsjournalist und Publizist.
Foto: PAUL SEEWER
Claude Chatelain

Die 16- bis 25-Jährigen sorgen sich – am meisten um ihre Altersvorsorge. Diese Meldung schaffte es am Montag bei den Inlandnachrichten der «Tagesschau» an die erste Stelle.

Da hätte also meine Generation ganz viel richtig gemacht, wenn die Hauptsorge unserer Jugend ein Ereignis betrifft, das erst in 45 Jahren wirksam wird. Doch so ist es nicht: Mein Sohn und meine Tochter schüttelten nur den Kopf, als ich ihnen davon erzählte. Sie kennen niemanden in ihrem Umfeld, der nicht grössere Sorgen hat als seine Altersvorsorge.

Dafür kennen sie Gleichaltrige, die in Zeiten von Corona auf Stellensuche sind. Da haben sie einen erfolgreichen Lehrabschluss – und niemand will sie gebrauchen.

Nicht überrascht von diesem Resultat gibt sich hingegen die Studienautorin des Forschungsinstituts GFS Bern. Sie sagte in der «Tagesschau»: «Die Reform der AHV ist eines der politisiertesten und streitbarsten Themen der Schweiz.» Deshalb erstaune es sie nicht, dass sich die Jungen um die Altersvorsorge besonders Sorgen machen.

Um genau zu sein, sind es 47 Prozent der Jugendlichen, die sich um die Zukunft der AHV Sorgen machen. Danach folgt die Corona-Krise, worüber 35 Prozent besorgt sind. Beim Umweltschutz sind es 29 Prozent. Punkto Arbeitslosigkeit machen sich nur 24 Prozent Sorgen.

Die Autorin hat wohl recht: Die Altersreform – von der immer nur geredet und nie etwas umgesetzt wird – ist ein Dauerbrenner, dies aber in Medien, die kaum zur bevorzugten Lektüre der 16- bis 25-Jährigen zählen.

Kein Wort war in der «Tagesschau» darüber zu hören, dass das GFS-Institut die Umfrage im Auftrag der Credit Suisse durchführte. Vielleicht gönnen die Fernsehmacher der Grossbank die Werbung nicht. Aber es ist halt immer wichtig zu wissen, wer eine Studie in Auftrag gibt und wie weit der Auftraggeber vom Resultat allenfalls profitieren könnte.

Profitieren kann die Credit Suisse von dieser Meldung alleweil. Gerade jetzt, wo sie ihrer Kundschaft das Duzis anbieten will, könnte dieses Anbiedern bei Jungen besonders gut ankommen. Das könnte sich durchaus auszahlen, wenn sich die Jungen um ihre Altersvorsorge Sorgen machen und damit bei der Bank entsprechend vorsorgen.

Nun, liebe Jugendliche. Sorgt euch um die Umwelt; nicht mir, sondern euch zuliebe. Sorgt euch nicht um die AHV. Sie ist noch weit weg. Das Ozonloch lässt sich nicht so leicht reparieren; Löcher in den Sozialwerken hingegen schon. Man muss nur wollen. Man muss nur Ja sagen, wenn die nächste Reform zur Abstimmung kommt – auch wenn dadurch das Rentenalter der Frau an jenes der Männer angepasst wird.

Geld ist vorhanden, wenn es notwendig gebraucht wird. Das haben wir eben erst im Zusammenhang mit der Pandemie gesehen. Und wenn wir wollen, wird sich die Eidgenossenschaft für 6 Milliarden Franken neue Kampfflugzeuge beschaffen. Auch das ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens – des politischen Willens.

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