Gopfried Stutz über Inflation
Wir Sparer sind so oder so die Dummen

Sollten wirklich überdurchschnittliche Inflationsraten eintreten, so ist das den Zentralbanken zu verdanken, die über die Jahre die Märkte mit billigem Geld überfluteten.
Publiziert: 09.01.2022 um 10:55 Uhr
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Von einer Inflation spricht man, wenn die Preise von Produkten oder Dienstleistungen steigen, ohne dass sich an diesen etwas verändert hat.
Foto: imago images/Gerhard Leber
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Die wiederaufkeimende Inflation ist das beherrschende Thema in den Wirtschaftsnachrichten. Äusserst gefährlich ist sie, wenn sie aus dem Ruder läuft: Steigende Preise bringen die Gewerkschaften in Stellung, um subito höhere Löhne einzufordern, nur dass dann die Firmen die höheren Lohnkosten auf die Kunden abwälzen und die Preise erhöhen. Ökonomen nennen das die Lohn-Preis-Spirale.

So weit sind wir nicht. Jedenfalls nicht in der Schweiz. Und so wollen wir doch der Frage nachgehen, wie sich hohe Inflationsraten in unserem Portemonnaie niederschlagen. Grundlage für die Berechnung der Inflationsrate ist ein Warenkorb, wie er typischerweise für einen durchschnittlichen Haushalt zusammengestellt wird. Doch die wenigsten von uns entsprechen dem Durchschnitt.

In einem inflationären Umfeld steigen auch die Mieten. Hauseigentümer, die eine langjährige Festhypothek abgeschlossen haben, wird das egal sein. Und Städtern, welche ausschliesslich mit dem subventionierten ÖV unterwegs sind, kümmert es wenig, wenn sich hohe Inflationsraten auch an den Tanksäulen bemerkbar machen.

Das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) hat kürzlich in einer Studie geschrieben, die Warenkörbe der ärmeren Haushalte würden sich langsamer verteuern als die der reicheren. Will heissen: Die Reichen litten stärker unter der Inflation als die Armen.

Gemäss dem Ifo-Institut haben die Ausgaben fürs Benzin bei reicheren Haushalten einen höheren Anteil an den monatlichen Ausgaben als bei weniger reichen. Eine Aussage, die sich mit meiner zugegebenermassen unwissenschaftlichen Betrachtung nur schlecht verträgt.

Abgesehen davon, dass Reiche grundsätzlich nichts zu jammern haben, wenn es um die Finanzen geht, ist die Aussage fragwürdig. So meinte ein deutscher Armutsforscher in der «Süddeutschen Zeitung»: «Ich finde es perfide und paradox, wenn man Reiche zu Opfern der Inflation macht.» Es sei unredlich zu sagen, einen Reichen treffe die Inflation stärker als einen Armen, nur weil er einen benzinfressenden SUV fährt statt einen Kleinwagen.

Wenn wir schon Arm gegen Reich ausspielen wollen, so erinnere ich hier an Folgendes: Sollten wirklich überdurchschnittliche Inflationsraten eintreten, so ist das den Zentralbanken zu verdanken, die über die Jahre die Märkte mit billigem Geld überfluteten. Das Geld floss aber nicht in die Industrie, sondern in Aktien- und Immobilienmärkte, was an deren Preisentwicklung unschwer zu erkennen ist. Wer profitierte nun von dieser Entwicklung? Wohl kaum der Kleinsparer, bei dem die Gebühr für die Kontoführung den läppischen Zins mehr als wegfrisst. Oder wie der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn in seinem Buch «Die wundersame Geldvermehrung» schreibt: «Die Sparer verlieren durch die lockere Geldpolitik bereits ihre Zinsen und sehen ihrem Rentenalter mit Bangen entgegen.»

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