Gopfried Stutz über die Vorsorgelücke
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an

Bei der Berechnung der Vorsorgelücke ist das Budget massgebend, nicht das bisherige Einkommen.
Publiziert: 05.10.2019 um 16:11 Uhr
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an
Mit 66 Jahren, da hat man Spass daran
Mit 66 Jahren, da kommt man erst in Schuss
Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss

Recht hat er, der Udo Jürgens. Mit 66 Jahren hat man zudem viel Zeit. Ganz viel Zeit, um Geld auszugeben. Deshalb wollen wir uns heute mit der Vorsorgelücke befassen.

Wir leben nicht nur länger, wir sind im Schnitt auch länger fit. Der Philosoph Ludwig Hasler spricht sogar von einem Lebensnachmittag statt von einem Lebensabend.

In der heutigen Zeit brauchen ganz viele Schweizerinnen und Schweizer im Ruhestand mehr Geld als vorher – zumindest in den ersten Jahren, in denen man noch rüstig und unternehmungslustig ist. Sei es für Reisen, für Kulturelles oder andere Freizeitaktivitäten, die nicht immer billig sind. Man begebe sich nur mal auf einen der zahlreichen Migros-Golfplätze. Da wimmelt es von Rentnerinnen und Rentnern. Böse Zungen sprechen von Dichtestress.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen schreibt auf einem Faktenblatt: «Als Leistungsziel wird angestrebt, dass die Renten von AHV und Pensionskassen zusammen rund 60 Prozent des früheren Lohns erreichen.»

Und bei der UBS steht auf deren Website: «Um den Lebensstandard halten zu können, sollten Sie im Ruhestand etwa über 80 Prozent ihres heutigen Einkommens verfügen.» Die Grossbank geht also davon aus, dass zu den 60 Prozent der ersten und zweiten Säule noch 20 Prozent der dritten Säule hinzukommen.

Das tönt doch ganz nett. Jetzt, wo der Spass anfängt, soll man plötzlich mit 20 Prozent weniger Einkommen auskommen. Jetzt, wo man endlich Zeit hat, um Geld auszugeben? Wie soll ich meinen Lebensstandard halten, wenn ich nur noch über 80 Prozent meines früheren Einkommens verfüge?

Das VZ Vermögenszentrum hat kürzlich eine Studie über die Einkommenslücke veröffentlicht. Auch hier steht, dass die Renten aus AHV und Pensionskasse gemäss dem Drei-Säulen-System 60 Prozent des letzten Salärs ersetzen sollten. Bei einem Mann mit einem Einkommen von 100'000 Franken machen die Renten nach der Berechnung des VZ nur noch knapp 55 Prozent des Lohnes aus, den er vor seiner Pensionierung erzielte. 2002 habe dieser Wert noch 62 Prozent betragen.

Was sagt mir das? Herzlich wenig. Ob das Renteneinkommen 55, 60 oder 80 Prozent meines bisherigen Einkommens ausmacht, ist nicht massgebend. Mich interessieren drei andere Zahlen. Erstens: Wie hoch ist das Renteneinkommen im Alter? Zweitens: Wie gross ist das Budget? Drittens: Wie hoch ist das Vermögen, das ich nach und nach verzehren kann? Falls sich hier eine Lücke auftut, gilt es zu überlegen, wie dieses geschlossen werden kann. Das Budget ist massgebend, nicht das bisherige Einkommen.

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