Gopfried Stutz
Es gibt nur den Fünfer oder das Weggli

Als ich mich Mitte der 90er-Jahre intensiv mit Vorsorgethemen zu beschäftigen begann, habe ich vor allem eines ziemlich schnell begriffen: Gemischte Lebensversicherungen sind lukrativ für Provisionsjäger; für ihre Opfer weniger.
Publiziert: 04.07.2021 um 15:34 Uhr
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Claude Chatelain ist Publizist und Wirtschaftsredaktor rät von gemischten Versicherungen ab.
Foto: Thomas Meier
Claude Chatelain

In den «VZ News» habe ich kürzlich folgenden Titel «Lebensversicherung: Trennen Sie Versichern und Sparen» gelesen. Und weiter: «Gemischte fondsgebundene Lebensversicherungen sind teuer und intransparent, und die Provisionen fressen einen grossen Teil der Rendite auf.»

Mein Gott, sagte ich mir, muss denn das noch gesagt sein? Ja, es muss. Als ich mich Mitte der 90er-Jahre intensiv mit Vorsorgethemen zu beschäftigen begann, habe ich vor allem eines ziemlich schnell begriffen: Gemischte Lebensversicherungen sind lukrativ für Provisionsjäger, für ihre Opfer weniger.

Solche Spar- oder Kapitalversicherungen nennt man im Jargon gemischte Versicherungen, weil sie Sparen und Versichern vermischen. Das geht so: Man zahlt jährlich eine Prämie und versichert damit zum Beispiel das Risiko Tod. Und wenn man mit 60 nicht gestorben ist, wird einem das Erlebensfallkapital ausbezahlt. Dieses kann garantiert sein oder auch nicht. Es gibt die verschiedensten Varianten.

Positiv könnte man sagen: Mit dieser Lösung habe man den Fünfer und das Weggli. Der Fünfer wäre der Versicherungsschutz; das Weggli das angesparte Erlebensfallkapital.

Doch wenn man diese zwei Dinger auseinanderhält, das heisst, bei einer Versicherung eine reine Risikoversicherung abschliesst und bei der Bank Anlageprodukte kauft, hat man nicht den Fünfer und das Weggli, sondern wahrscheinlich den Zehner und die Züpfe.

Das habe ich in all den Jahren mehrmals geschrieben und bekunde fast etwas Hemmungen, mich zu wiederholen. Doch vor einiger Zeit schrieb mir ein gewisser Bruno G., er habe 1996 bei der Fortuna, heute Generali, eine kapitalbildende Versicherung über einen Betrag von 100'000 Franken abgeschlossen. Die Versicherungsvertreterin sprach damals von einer Rendite von 5 bis 6 Prozent. Nun sei die Versicherung ausbezahlt worden, und er hätte gerade mal einen Überschussanteil von 1017.40 Franken ausbezahlt erhalten. Das wäre also eine Rendite von einem knappen Prozent.

Er fragte mich: «Haben Versicherungen keine Ahnung von Kapitalanlagen, oder war ich da einfach zu blauäugig? Habe ich mich zu wenig informiert, und wie kann man Leute besser aufklären, damit nach 24 Jahren ein bisschen mehr auf dem Konto ist?»

Ich schrieb ihm: «Ja, Sie waren zu blauäugig. Versicherungen verstehen zwar sehr wohl etwas von Kapitalanlagen; aber viel mehr verstehen sie von Verkaufen. Je höher die in Aussicht gestellten Überschüsse, desto leichter lässt sich das Produkt verkaufen.»

Wie man aber die Leute besser aufklären kann, weiss ich nicht, ausser eben immer wieder darüber zu schreiben mit dem Risiko, sich zu wiederholen. Der «VZ News» sei dafür gedankt.

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