Gopfried Stutz
Die Verrechnungssteuer – ein geniales Instrument

Mit der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer sollen Arbeitsplätze geschaffen werden – warum eigentlich?
Publiziert: 03.09.2022 um 13:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.09.2022 um 13:41 Uhr
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Dass Schweizer Obligationen für Anlegerinnen und Anleger attraktiver würden durch eine Teilabschaffung der Verrechnungssteuer, ...
Foto: PIUS KOLLER
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

In einem Land, in dem Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt gilt und keine strafrechtlichen Konsequenzen hat, ist die Verrechnungssteuer ein geniales Instrument. Sie wird auf Dividenden und Zinsen erhoben. Anlegerinnen und Anleger kennen das: Ihnen wird nicht der volle Ertrag gutgeschrieben.

Nehmen wir das Beispiel Swisscom. Die Dividende beträgt in diesem wie auch in den Vorjahren 22 Franken. Wer zum Beispiel 20 Swisscom-Aktien im Portefeuille hat, erhält nicht 440 Franken gutgeschrieben, sondern bloss 286 Franken. 35 Prozent, 154 Franken, werden als Verrechnungssteuer in Abzug gebracht und dann nach einer korrekt ausgefüllten Steuererklärung wieder gutgeschrieben. Sollte bei der Steuererklärung die Deklaration der Swisscom-Aktien vergessen gehen, so sind halt die 154 Franken verloren.

Am Abstimmungssonntag vom 25. September stimmen wir nun über eine Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ab – und nicht über eine generelle Abschaffung. Auf Dividenden sollen weiterhin Verrechnungssteuern in Abzug gebracht werden, nicht aber auf Obligationen, die neu in der Schweiz herausgegeben werden.

So schreibt der Bundesrat auf seinem Internetportal: «Schweizer Obligationen würden so für Anlegerinnen und Anleger attraktiver.» Das stimmt zweifellos, fragt sich nur, für welche Anleger. Attraktiver wird das für all jene, die den Zinsertrag in der Steuererklärung vergessen. Und attraktiver wird der Wegfall der Verrechnungssteuer für Personen mit Wohnsitz im Ausland, weil für sie die Rückerstattung der Verrechnungssteuer entweder aufwendig oder gar nicht möglich ist.

Jetzt muss man wissen, dass derzeit nur die Zinserträge von Schweizer Obligationen der Verrechnungssteuer unterliegen, nicht aber von ausländischen. Wer also die Verrechnungssteuer umgehen will, kauft Obligationen, die auf einem Finanzplatz im Ausland herausgegeben wurden.

In seiner Botschaft zu einer Änderung des Verrechnungssteuergesetzes – mit dem Untertitel Stärkung des Fremdkapitalmarkts – schreibt der Bundesrat: «Schweizer Konzerne weichen regelmässig der Verrechnungssteuer aus, indem sie ihre Obligationen über eine ausländische Konzerngesellschaft emittieren.» Mit der Änderung des Verrechnungssteuergesetzes soll die Abwanderung vermieden und damit der Finanzplatz gestärkt werden.

«Würden die Obligationen über den Schweizer Kapitalmarkt emittiert, schaffe dies Arbeitsplätze und Steuereinnahmen», sagte SVP-Nationalrat Thomas Matter kürzlich im Blick. So erlaube ich mir die ketzerische Frage: Wieso Arbeitsplätze schaffen, wenn doch landauf, landab über einen Fachkräftemangel lamentiert wird? Schon heute hat der Finanzplatz Schweiz einen überdurchschnittlichen Anteil an Arbeitskräften aus dem Ausland. Hat nicht das Schweizer Volk am 9. Februar 2014 zur Masseneinwanderungs-Initiative der SVP Ja gesagt?

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