Gopfried Stutz
Das Handicap der Vollversicherer

Je länger der Umwandlungssatz überhöht bleibt, desto grösser das Risiko, dass noch andere Vollversicherer dem Beispiel der Axa folgen werden.
Publiziert: 09.06.2018 um 15:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 22:55 Uhr
Claude Chatelain
BLICK-Kolumnist Claude Chatelain.

Wir wollen uns heute mit den zwei Welten der beruflichen Vorsorge befassen. Die eine Welt ist die genannte Vollversicherung. Nachdem die Axa ihren Abschied aus diesem Modell angemeldet hat, bleiben mit Baloise, Swiss Life, Helvetia, Allianz Suisse und Pax noch fünf Gesellschaften, die den KMU Garantien bieten.

Die andere Welt bilden betriebseigene Pensionskassen und autonome Sammeleinrichtungen. Letztere – etwa Asga, Profonds, Prevas, Swisscanto oder Transparenta – bieten sich den KMU als Alternativen zur Vollversicherung an. Auch die Lebensversicherer führen solche Sammelstiftungen. ­Bekannt ist etwa Vita von Zurich.

Sicherheit kostet

Der wichtigste Unterschied: Im Vollversicherungsmodell müssen Lebensversicherer zu jeder Zeit in der Lage sein, heutige und künftige Verpflichtungen zu begleichen. Sammelstiftungen oder betriebseigene Pen­sionskassen hingegen dürfen in eine Unterdeckung geraten. Und: Im Vollversicherungsmodell lasten die Risiken auf der Bilanz des Versicherers; bei den Sammelstiftungen tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Risiko.

Die Garantie der vollen ­Deckung hat zur Folge, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge im Vollversicherungsmodell konservativ angelegt werden müssen. Der Aktienanteil beträgt etwa vier Prozent. Daher lassen sich im Vollversicherungsmodell nicht gleich hohe Renditen erzielen, wie wenn man 50 Prozent in Aktien investieren kann. Denn Sicherheit hat ihren Preis.

Wie ein Fussballteam in Unterzahl

Das Problem liegt darin, dass die Vollversicherer auf der Einnahmenseite benachteiligt sind, auf der Ausgabenseite aber den gleichen Vor­gaben unterliegen wie die Sammeleinrichtungen. Das gilt für die gesetzliche Mindestverzinsung wie für den gesetzlichen Mindestumwandlungssatz, mit dem das Kapital in eine Rente umgewandelt wird. Es ist, als dürfte ein Fussballteam nur mit sieben statt elf Spielern antreten.

Vollversicherer sind damit ungleich stärker vom überhöhten Umwandlungssatz betroffen als auto­nome Einrichtungen – eben weil sie an den Finanzmärkten nur geringe Renditen erzielen können. Vor acht Jahren sollte der Umwandlungssatz von 6,8 auf 6,4 Prozent gesenkt werden. Doch die Linken ergriffen das Referendum. Und die Altersreform 2020, die den Umwandlungssatz auf sechs Prozent gesenkt hätte, scheiterte im Herbst an der Urne.

Als nun Baloise, Swiss Life und Helvetia in den zurückliegenden Wochen ihre Zahlen zum Geschäft mit der beruflichen Vorsorge präsentierten, bekannten sie sich ausdrücklich zum Vollversicherungsmodell. Wie lange werden sie das noch tun?

Je länger der Umwandlungssatz überhöht bleibt, desto grösser das Risiko, dass weitere Anbieter dem Beispiel der Axa folgen werden. Zum Leidwesen vieler KMU.

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