Goldtausch à la Credit Suisse
Rentnerin fühlt sich von Credit Suisse über Tisch gezogen

Als ob die Credit Suisse nicht genug Probleme hätte: Nun streitet sich die todgeweihte Grossbank auch noch mit einer Privatkundin über die Grösse von drei Goldbarren.
Publiziert: 21.04.2023 um 13:04 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2024 um 10:16 Uhr
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Die marode Credit Suisse streitet sich über die Grösse von eingelieferten Goldbarren.
Foto: Keystone
Thomas Angeli, «Beobachter»
Beobachter

Die drei Goldbarren, die Verena Michel (Name geändert) Mitte Oktober 2022 zu ihrer Hausbank trug, hatten jahrelang zu Hause an einem sicheren Ort geschlummert. Sie waren ein Geschenk ihres Patenonkels gewesen. Doch nun wollte Michel das Edelmetall zu Geld machen.

Der junge Angestellte am Schalter der Credit Suisse in Basel riet ihr ebenfalls zu dem Geschäft: «Ich fühlte mich von ihm sehr gut beraten», sagt die Rentnerin.

Der Mann habe die Barren entgegengenommen und dies mündlich kommentiert: «Drei Barren à 100 Gramm mit einem Feinheitsgrad von 99,9 Prozent, zu einem Tageskurs von 15'810 Franken», habe er ihr vorgerechnet. Schliesslich stellte er Verena Michel eine schriftliche, von ihm eigenhändig unterschriebene Quittung über das Geschäft aus.

Schockanruf von der CS

Bei der UBS enthalten solche Quittungen einen Vorbehalt: «Die Gutschrift erfolgt […] nach erfolgreicher Qualitätsprüfung», steht dort. «Bei Mängeln werden wir Sie kontaktieren.» Bei der Quittung, die Michel von der CS erhielt, fehlt ein solcher Hinweis. Dort steht bloss: «Ankauf 3 Gold-Pl. 100 gr 999.9-m» und der Vermerk «Kassenbeleg» samt dem gutgeschriebenen Betrag. Michel ging mit dem guten Gefühl nach Hause, dass ihr Bankkonto gerade um einen substanziellen Betrag gewachsen war.

Wenige Stunden danach erhielt sie einen Anruf aus der Bank: Man habe sich leider getäuscht, teilte ihr der Mann vom Schalter mit: Sie habe nicht 300 Gramm, sondern lediglich drei Unzen Gold abgeliefert. Und da eine Unze bloss 31,1 Gramm entspricht, betrug Michels Guthaben aus dem Verkauf plötzlich nur noch 4926 Franken.

Michel protestierte umgehend und verlangte, dass die von der CS eigenmächtig vorgenommene Umbuchung rückgängig gemacht werde. Doch die Bank blieb dabei, dass Michel drei Unzen statt 300 Gramm Gold umgetauscht habe.

Auf die 11’000 Franken Differenz zu verzichten, kam für Verena Michel nicht in Frage. «Die Credit Suisse hatte die Gelegenheit, zu prüfen, ob ich einen Zwergpudel rüberschiebe oder drei hundertgrämmige Feingoldbarren», sagt sie sarkastisch. Und das habe der Mann am Schalter ausgiebig getan.

Beobachter
Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde aus dem «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel findest du auf www.beobachter.ch.

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Bank beharrt auf ihrer Position

Michel schrieb Briefe: zuerst an den zuständigen Filialleiter der Credit Suisse in Basel, schliesslich sogar an Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und CS-Direktor Ulrich Körner. Von dort gelangte das Schreiben an die «Fachstelle Kundenfeedback» der CS. Diese sprach in einem Brief von einem «bedauerlichen Versehen» und bat «in aller Form um Entschuldigung», beharrte aber ebenfalls darauf, dass es sich lediglich um Unzen und nicht um 100-Gramm-Barren gehandelt habe.

Als Beleg diente der Bank unter anderem, dass Michel wenige Wochen zuvor bereits einmal einen Goldbarren an den Schalter gebracht habe. Dieser wog unbestrittenermassen eine Unze – für die Bank Beweis genug, dass auch die am 12. Oktober angelieferten Goldbarren nur je 31,1 Gramm schwer waren.

Michel gab nicht auf und gelangte an die Friedensrichterin. Dort präsentierte die CS Bilder von drei Barren à eine Unze: angeblich das Gold, das Michel an den Schalter gebracht hatte. Videoaufnahmen von der Abwicklung des Geschäfts, die Michels Anwalt verlangte, legte die CS jedoch keine vor. Dafür reichte die Bank eine Liste aller am 12. Oktober in der Filiale getätigten Goldankäufe ein. Barren zu 100 Gramm sind darauf keine zu finden. Wann die Liste erstellt wurde – ob vor der Feststellung des angeblichen Irrtums oder erst danach –, ist nicht ersichtlich.

Zur Person

Thomas Angeli ist seit 1999 Redaktor beim Beobachter. Er mag investigative Recherchen und engagiert sich beim Verein Lobbywatch.

Thomas Angeli ist seit 1999 Redaktor beim Beobachter. Er mag investigative Recherchen und engagiert sich beim Verein Lobbywatch.

Die CS schweigt

Für Michels Anwalt sind das keine Beweise, dass seine Mandantin nur drei Unzen einzahlte: Es sei nicht belegbar, dass es sich dabei um die Goldbarren handelt, die Michel zum Schalter gebracht habe. Und das von der CS vorgebrachte Argument, seine Mandantin habe ein paar Wochen zuvor eine Unze Gold an den Schalter gebracht, tauge als Beweis sowieso nicht.

Verena Michel überlegt sich nun, gegen die Credit Suisse zu klagen. Doch das Risiko ist hoch: Verliert sie vor Gericht, sind nicht nur die 11’000 Franken futsch, die ihr die Bank abgezogen hat, sondern sie muss auch noch die Anwaltskosten der CS bezahlen.

Die CS sagt zu der ganzen Affäre: nichts. Zu laufenden Rechtsverfahren äussere man sich nicht, erklärt ein Sprecher.

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