Glencore geht in London und Hongkong an die Börse. Was ist daran aussergewöhnlich?
Glencore ist der grösste Rohstoffhändler der Welt, aber nur wenig bekannt. Die Firma gilt als äusserst verschwiegen und hochprofitabel. Mit dem Gang an die Börse muss sie nun der Öffentlichkeit und den Aktionären Rechenschaft ablegen – unter anderem über die Löhne der Manager. Der Börsengang am 19. Mai gilt als einer der grössten in der europäischen Wirtschaftsgeschichte.
Was macht Glencore zur grössten Schweizer Firma?
Ihr riesiger Umsatz. 145 Milliarden Dollar im letzten Jahr. Zum Vergleich: Nahrungsmittel-Multi Nestlé schafft es auf knapp 110 Milliarden. In über 40 Ländern beschäftigt Glencore 57 500 Mitarbeiter. Die meisten davon im Bergbau.
Wie funktioniert das Geschäft?
Glencore kauft und verkauft Rohstoffe wie Öl, Kupfer oder Aluminium. Doch die Firma aus Baar ZG ist längst auch ein riesiger Rohstoffproduzent und Logistikkonzern geworden. Dazu gehören 15 Produktionsstätten wie Erzminen und Kohlebergwerke. Für den Transport unterhält Glencore eine Hochseeflotte von gegen 170 Schiffen, die meisten davon gemietet.
Seit wann gibts die Firma?
Seit 1974. Damals unter dem Namen Marc Rich + Co vom gleichnamigen, legendären Händler gegründet. Mitte der 90er-Jahre überwarf sich Rich mit dem Management. Dieses übernahm die Mehrheit, zahlte Rich aus und taufte 1994 das Unternehmen auf Global Energy Commodities and Resources (Glencore) um. Gleichzeitig verlegte man den Firmensitz von Zug nach Baar.
Wem gehörte die Firma jetzt?
Den 480 Top-Managern von Glencore. Rund 15 bis 20 Prozent ihrer Aktien gelangen am 19. Mai an die Börse. Bis zu 10 Milliarden Franken fliessen so in die Firma. Daraus lässt sich der Börsenwert des Konzerns errechnen: 54 Milliarden Franken! Einige der Manager werden durch den Börsengang zu Multimillionären!
Wer sind die Chefs?
Geschäftsführer ist der in Rüschlikon ZH eingebürgerte Südafrikaner Ivan Glasenberg (54). Neuer VR-Präsident wird Simon Murray (71). Der ehemalige Fremdenlegionär sass unter anderem im VR des Telekomkonzerns Vodafone. Der Brite hält gar einen Weltrekord. Mit 64 erreichte er ohne Unterstützung den Südpol und ist seither der Älteste, dem dies gelang. Bisheriger VR-Präsident war der deutsche Willy Strothotte (67). Seine künftige Funktion ist unklar. Er bleibt aber mit rund 8 Prozent grösster Aktionär. Auch im neuen VR: Ex-BP-Chef Tony Hayward. Als Senior Independent Director überwacht er die Leistung des VR-Präsidenten.
Glencore wurde von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen angeprangert. Wieso?
Immer wieder kommt es in Glencore-Minen zu Umweltverschmutzungen oder Menschenrechtsverletzungen. Zuletzt sah sich Glencore mit dem Vorwurf «skandalöser Steuervermeidungspraktiken» in einer sambischen Kupfermine konfrontiert.