Frauen zahlen regelmässig zu viel für Alltagsprodukte, allein, weil diese in weiblicher Optik daherkommen. Ein Beispiel: die Einweg-Rasierer der Marke Bic. Das Frauen-Modell Twin Lady ist pink. Es kostet in der Migros in der Zehnerpackung fünf Franken. Das Männermodell Sensitive 2 ist orange, ansonsten aber fast identisch. Preis: 4.25 Franken. Frauen zahlen ein Fünftel mehr. Die Migros ist damit aber nicht allein, den Aufschlag gibt es auch anderswo.
Noch grösser ist der Unterschied bei der Reinigung: Beim Männerhemd kostet die Reinigung 4.90 Franken, eine Bluse kostet 9.90 Franken. Deutlich mehr zahlt eine Frau auch beim Coiffeur, selbst wenn sie die gleiche Kurzhaarfrisur wie ein Mann bestellt.
Aussehen und Soziales wichtig
Der Frauen-Aufschlag ist als Pink Tax bekannt, auf Deutsch rosa Steuer, auch wenn es sich nicht um eine Steuer handelt, sondern um einen Zuschlag.
Der höhere Preis ist vor allem bei Hygiene- und Schönheitsprodukten sichtbar. Im Ausland wurde er schon wissenschaftlich nachgewiesen, für die Schweiz gibt es keine Erhebungen.
«Frauen sind Aussehen und Soziales wichtiger als bei Männern. Viele Firmen versuchen, die höhere Zahlungsbereitschaft auszunützen», sagt Christian Fichter (45), Wirtschaftspsychologe an der Kalaidos Fachhochschule in Zürich. «Das gibt es auch bei anderen Zielgruppen. Männer zahlen vor allem für Technik und Statussymbole mehr als nötig.»
Geschlechterforscherin Dominique Grisard (45) von der Uni Basel sagt: «Pink hat sich seit den 90er-Jahren als Mädchenfarbe durchgesetzt. Um ihre Töchter glücklich zu machen, zahlen Eltern gerne einmal ein bisschen mehr. Heute beobachte ich das auch bei Produkten für Erwachsene.»
Problematisch ist die Pink Tax deswegen nicht, findet der eidgenössische Preisüberwacher Stefan Meierhans (48). «Das Ganze ist ein Spiel von Angebot und Nachfrage.»
Diskriminierung am Zoll
Meierhans weiter: «Ein Skandal ist eher, dass auch der Staat diskriminiert: Auf Frauenkleidern ist der Zoll höher als auf Männerkleidern.»
Hintergrund: An der Schweizer Grenze werden Kleider nach Gewicht verzollt. Weil Männer früher schwerere Kleider trugen als Frauen, entschied der Bund Ende der 1950er-Jahre, pro Kilo Frauenkleider mehr Zoll zu verlangen als für Männerkleider. So bezahlten die Geschlechter gleich viel Zoll.
Heute aber tragen beide ähnlich schwere Stoffe. An der Zollregelung hat sich aber nichts geändert. Frauen legen darum heute 4,4 Prozent des Kleiderwerts für den Zoll drauf, Männer nur 2,6. Meierhans ist dagegen schon mehrfach vorgegangen, bisher erfolglos.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco erklärt auf Anfrage zum Frauen-Aufschlag am Zoll: Da die Schweiz seit 2014 ein Freihandelsabkommen mit China hat, importiert sie den grössten Teil der Kleider heute zollfrei. Man sei bereit, die Zollregelung anzupassen. Das aber ist abhängig von Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO, ein Schweizer Alleingang sei unmöglich.