Antonio G. war Leiter des Zürcher Patronato INCA, einer Beratungsstelle für italienische Büezer. Es gelang ihm, mit gefälschten Vollmachten, getürkten Bescheinigungen des italienischen Generalkonsulats sowie weiteren manipulierten Dokumenten an die Altersguthaben seiner Klienten zu kommen.
Einen Teil der Beute verprasste er mit Prostituierten. «Sicher 500 bis 800 Franken pro Woche», erzählte G. dem polizeilichen Sachbearbeiter. «Ich ging jeweils Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag über Mittag hin.» Daneben hielt sich der Abzocker gleich fünf Geliebte parallel, kaufte Luxusuhren für 1,6 Millionen und Bücher für weitere 120'000 Franken.
Für seine 76 italienischen Opfer – die meisten verloren ihr ganzes Alterskapital – klingt das wie purer Hohn. Ausser ein paar Uhren und einem alten Alfa Romeo konnte nicht viel von Wert beschlagnahmt werden.
Der Hilfsarbeiter Angelo de Simone (70) zum Beispiel hat den Verlust von 78'000 Franken zu beklagen. Er hatte seine Stelle verloren und wollte sich mit Hilfe von Antonio G. eine Rente auszahlen lassen. Stattdessen liess der sich de Simones Freizügigkeitsgelder überweisen – mit einer gefälschten Vollmacht, die einen selbstaufgedruckten Stempel des italienischen Generalkonsulates trug. Der Betrug flog erst auf, als de Simone plötzlich keine Rente mehr erhielt. Über eine halbe Million seines Vorsorgekapitals verlor allein der Arbeiter G. S.* an den «hilfsbereiten» Gewerkschafter. Das Opfer – und sieben weitere Geschädigte – überlebten die lange Untersuchungsdauer nicht.
Der Prozess gegen den ungetreuen Gewerkschafter beginnt am 26. August. «Die Geschädigten vertrauten ihm aufgrund seiner Fachkenntnisse und seiner gefälligen, einnehmenden Art», erläutert Staatsanwalt Hanno Wieser in der Anklage. «Sie schenkten seinen Anweisungen Glauben. Ohne seine Angaben zu hinterfragen.»