Gewerkschaften machen sich für ältere Arbeitnehmer stark
Das tun Firmen für Ü50er

Gewerkschaften wollen ältere Arbeitnehmer bei Kündigung schützen. «Falsch!», rufen die Arbeitgeber. Dabei tun einige Betriebe dies schon heute.
Publiziert: 23.01.2016 um 21:39 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:51 Uhr
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Bodenpersonal ab 55 Jahren geniesst Kündigungsschutz, Piloten vom zweiten Dienstjahr an.
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann

Die Schweiz ist stolz auf ihren liberalen Arbeitsmarkt. Hier dürfen Angestellte einfacher auf die Strasse gestellt werden als in den meisten Ländern Westeuropas. Dieser Flexibilität verdanken wir unsere tiefe Arbeitslosigkeit, sagen Ökonomen. Denn: Wenn Firmen Angestellte schneller loswerden können, stellen sie auch schneller ein.

Daniel Lampart (47) macht Druck in Bern.
Foto: Keystone

Doch der Ruf nach einem besseren Schutz vor Kündigung wird lauter. Im Fokus steht die Ü50-Generation. «Bei Betriebsschliessungen ist die Gefahr bei ihnen besonders gross, keine Anschlussstelle zu finden», sagt Daniel Lampart (47), Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).

Schon heute schützen zahlreiche Firmen und Gesamtarbeitsverträge (GAV) ältere und langjährige Arbeitnehmer besser. 

Zum Beispiel auf dem Bau: Über 55-Jährige, die zwischen zwei und neun Jahren im gleichen Betrieb waren, haben vier Monate Kündigungsfrist – doppelt so viel wie gesetzlich vorgeschrieben. Ab dem zehnten Dienstjahr sind es sogar sechs Monate. Das steht im Landesmantelvertrag im Bauhauptgewerbe. «Längere Kündigungsfristen für ältere Angestellte stellen für unsere Betriebe kaum Probleme dar», sagt Martin A. Senn (57), Vize-direktor des Baumeisterverbands.

Der GAV der Basler Pharma- und Chemieunternehmen gewährt über 45-Jährigen ebenfalls sechs Monate Kündigungsfrist. Für Novartis sei die Zusammensetzung der Teams wichtig, sagt Thomas Boesch (54), ihr Personalchef in der Schweiz: «Nationalitäten, Geschlecht, Persönlichkeiten, geografische Herkunft, unterschiedliche Erfahrungen und eben das Alter.» Novartis fördert deshalb ältere Mitarbeiter über den GAV hinaus. Etwa mit Weiterbildungen. «Dies sind streng genommen nicht Schutzmassnahmen, sondern vernünftige Lösungen», sagt Boesch.

Einen eigentlichen Kündigungsschutz gewähren die SBB. Wer vier Jahre im Betrieb ist, dem darf nicht aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt werden. «Die SBB profitieren davon, dass die Mitarbeiter  dem Unternehmen überdurchschnittlich lange treu bleiben», so SBB-Sprecher Oliver Dischoe. Auch bei der Swiss gibt es einen Kündigungsschutz, für Piloten schon ab dem zweiten Dienstjahr.

Roland Müller (52) will neue Gesetze verhindern.
Foto: Keystone

Für SGB-Vordenker Lampart zeigen diese Beispiele, dass die Betriebe sich sehr wohl einen besseren Arbeitnehmerschutz leisten könnten. Die Gewerkschaften machen jetzt Druck in Bern. Im Rahmen der Verbesserung der flankierenden Massnahmen wollen sie im Gesetz Schutzmassnahmen für Ü50-Angestellte festschreiben. «Sei dies mit längeren Kündigungsfristen oder einer anderen Form von Kündigungsschutz», sagt Lampart.

Heftiger Widerstand kommt von den Arbeitgebern. «Das wird für ältere Angestellte zum Bumerang. Denn damit werden die Arbeitgeber zögern, sie anzustellen», warnt Roland Müller (52), Direktor des Arbeitgeberverbands. Die Schweiz habe dringendere Probleme: etwa das Verhältnis zu Europa oder die Altersvorsorge.

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