«Die Wege des Herrn sind unergründlich», heisst es schon in der Bibel. Ebenso schwer zu ergründen ist die Frage, wie viel Geld die römisch-katholische Kirche tatsächlich besitzt. Denn die Finanzen des Vatikans sind in ein tiefes Geheimnis gehüllt.
Einer der wenigen Einblicke zu den Finanzen sind spärliche Mitteilungen des vatikanischen Wirtschaftssekretariats zu den Haushalten des Heiligen Stuhls (Behörden, Institutionen) und dem Vatikanstaat. Steuern gibt es keine, wichtige Einnahmequellen sind die vatikanischen Museen (Eintritt 17 Euro, 6 Millionen Besucher jährlich), aber auch die jährliche Geldsammlung Peterspfennig und die Bistümer.
Doch auch hier muss man auf Eckdaten vergangener Jahre zurückgreifen.
Zahlungsmittel ist der Euro
Im kleinsten Staat der Welt gibt es eine Apotheke und eine eigene Post, einen Supermarkt sowie Tankstellen. Gärten, Gendarmerie und Museen, ein Fernsehzentrum und eine Radiostation. Der Vatikan ist kein Mitglied der EU, gezahlt wird dennoch mit Euro. Die Geldautomaten haben zusätzlich eine lateinische Sprachwahl.
Und dann gibt es noch die Vatikanbank Istituto per le Opere di Religione (IOR). Diese hat das Jahr 2017 mit einem Gewinn von 32 Millionen Euro abgeschlossen. Das verwaltete Kapital beträgt 5,3 Milliarden. Sie verdient ihr Geld mit Vermögensverwaltung und Anlagen. Mehrheitlich handle es sich um Spareinlagen und Treuhandvermögen von den weltweit rund 15'000 Kunden, heisst es dazu im IOR-Jahresbericht.
Getarnte Immobilien auch in der Schweiz
Das ist aber noch nicht alles im Staate des Vatikans. Dessen Vermögen steckt nicht nur in römischen Liegenschaften, sondern auch in Tausenden Immobilien in ganz Europa, darunter auch in der Schweiz. Zum Beispiel in Lausanne und Genf. Nicht einmal die Mieter wüssten, wer der wahre Eigentümer ist, berichtete kürzlich das Schweizer Fernsehen. Der Vatikan habe die Immobilien via Tarnfirmen bereits in den Dreissigerjahren gekauft – dank Milliarden des damaligen Diktators Italiens, Benito Mussolini.
Der Kirchenstaat ist ein Hauptquartier des «Big Business»! Fachleute schätzen das gesamte Vermögen in einem Beitrag auf «Domradio.de», der Seite des katholischen Nachrichtensenders, auf bis zu 12 Milliarden Euro (umgerechnet 13,9 Milliarden Franken).
Woher kommt die Finanzmacht des Vatikans? Historiker verweisen auf das 12. Jahrhundert. Die Kirche installierte Klöster, die ersten Wirtschaftsunternehmen in Europa. Sie führten fortschrittliche Agrar- und Verwaltungsmethoden ein. Domschulen entstanden, sie waren über Jahrhunderte bedeutende Lernzentren Europas. Aus vielen gingen Universitäten hervor (Bologna, Oxford).
Vergleich mit dem Silicon Valley
Der israelische Historiker Yuval Harari (42) verglich den Vatikan damals mit dem heutigen Silicon Valley. Im kalifornischen Technologie-Tal bauten Hightech-Gurus neue (Daten-)Religionen zusammen. Sie hätten wenig mit Gott und alles mit Technologie zu tun. Die Tech-Gurus versprechen, wie damals die katholische Kirche, Glück, Frieden und Wohlstand.
Apropos Frieden: Geldwäscherei war in den vergangenen Jahren immer wieder ein grosses Thema. Oberster Finanzaufseher im Vatikan ist übrigens ein Schweizer, René Brülhart (45). Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Kontrolle des «Instituts für die religiösen Werke» – kurz: der Vatikanbank, die in den letzten Jahren immer wieder in Finanzskandale verwickelt war. Sein Kampf gegen Finanzmissbrauch ist auf der Linie von Papst Franziskus (81), der wiederholt mehr Transparenz in Wirtschaft und Finanzen ankündigte.
Ob die Geheimniskrämerei aber jemals ein Ende hat? Die Wege des Herrn sind unergründlich.