Für den Piks gibt es in Deutschland eine Bratwurst und in den USA Geld. Doch welche Impfanreize fruchten wirklich? Sozial-Forscherin Heike Klüver (39) klärt im Interview gegenüber dem «Spiegel» auf: Entscheidend ist ein unkomplizierter Zugang zur Impfung. «Nichtgeimpfte motiviert die Verringerung von Transaktionskosten», sagt sie.
Das thüringische Sonneberg erlebt wegen einer Bratwurst als Belohnung für den Piks einen Impfansturm. Auch in Indien steigen die Impfraten bei Kindern drastisch, seit Mütter eine Portion Linsen dazu bekommen. Doch funktionieren solche Impfanreize überall?
Impfbereitschaft dank Griff in die Kasse
Nicht in den USA! Trotz Gratis-Donuts zur Impfung bleiben die Impfraten flach. Deshalb will US-Präsident Joe Biden (78) eine Impfprämie von 100 US-Dollar einführen. Doch Klüver weiss: «Solche Anreize funktioniere nicht weltweit, sondern hängen vom Einkommensniveau ab.» In anderen Worten: Monetäre Anreize wirken vor allem bei ärmeren Gesellschaftsschichten.
Die Studie von Klüver, Professorin für Politisches Verhalten an der Humboldt-Universität in Berlin, zeigt auch die Unterschiede zwischen den Generationen. Bei Jüngeren sei der grösste Impfanreiz die Freiheit: unkomplizierte Restaurant-, Kino- und Veranstaltungsbesuche. Bei Älteren entscheide dagegen der Impfzugang, so Klüver. Der Piks beim Hausarzt oder durch mobile Teams motiviert da also besonders.
Welche Anreize brauchen Skeptiker?
Die Expertin ist sich sicher: Impfskeptiker lassen sich durch Anreize nicht umstimmen. Teilweise reagieren sie sogar allergisch auf solche Aktionen. Besteht die Gefahr, dass sich Menschen wegen Anreizen zur Impfung gedrängt fühlen? «Meiner Ansicht nach sind solche Anreize gerechtfertigt», sagt Klüver. Das sei eine Frage der Politik und nicht der Wissenschaft.
Klar ist: Je leichter der Zugang zur Impfung, desto eher überwinden sich Ungeimpfte. Ein passender Ort für Thüringer: das Fussballstadion. So kann man sich zum Beispiel vor dem Match des deutschen Vereins FC Carl Zeiss Jena noch den Piks holen.