Am heutigen Freitagabend nimmt das lange Trauerspiel um Air Berlin ein Ende. Um 21.35 Uhr wird die letzte Maschine, die noch mit einer Flugnummer der zweitgrössten deutschen Fluggesellschaft startet, in München abheben.
Mit an Bord des Airbus A320 wird Medienberichten zufolge auch Gründer und einstiger CEO von Air Berlin sitzen, Joachim Hunold (68). Gegen den stehen Vorwürfe im Raum, Gelder veruntreut zu haben.
Der Flug ist längst ausverkauft. Manche Plätze wurden für einen sechs Mal höheren Preise als normal gebucht. Geld macht Air Berlin also noch mit diesem Flug.
Mitarbeiter anderer Airlines wollen Air Berlin Ehre erweisen
Für die Landung in Berlin haben andere Fluggesellschaften bereits einen geheimen Plan ausgeheckt, wie «Bild.de» berichtet. Piloten und Flugbegleiter wollen den Air-Berlin-Mitarbeitern eine letzte Ehre.
Sie haben sich offenbar in einer grossen Chatgruppe organisiert. Einige wollen sich zeitgleich an an anderen deutschen Flughäfen versammeln. Andere werden für den Abschied mit Bussen nach Berlin reisen. Dort wollen sie – in ihren jeweiligen Outfits – vom ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin bis zum Flughafen Tegel fahren. Dort wollen sie um 22.45 Uhr den Flieger von München in Empfang nehmen. Zumindest, wenn er sich nicht verspätet.
Niki soll als Niki noch dieses Jahr weiterfliegen
Denn vor allem in diesem Jahr hatte die Airline ein Problem mit Pünktlichkeit. Im Sommer schon musste Air Berlin zehn Millionen Euro Entschädigung an Passagiere für Verspätungen und Ausfälle innert weniger Wochen zahlen. Im August dann ging die Airline insolvent.
Nach zähen Verhandlungen und Bieterstreiten war ein grosser Teil von Air Berlin an die Lufthansa gegangen. Rund 81 der noch rund 130 Flugzeuge von Air Berlin gingen an die Lufthansa. 61 dieser Maschinen fliegen derzeit für Niki und LG Walter. Niki soll unter eigenem Namen wohl noch bis Ende Jahr fliegen.
Die Walter- und Niki-Mitarbeiter werden im Rahmen des Kaufvertrags von der Lufthansa übernommen. Die hat zwar angekündigt 3000 neue Mitarbeiter einzustellen. Mitarbeiter von Air Berlin können aber deshalb noch lange nicht aufatmen: Eine Transfergesellschaft, die aber rund 4000 Air-Berlin-Mitarbeiter schulen und bei der Job-Suche unterstützen wollte, ist gescheitert.
«Kapazitätsengpässe auch in der Schweiz»
Der merken auch Schweizer Passagiere das Tohuwabohu um den Absturz von Air Berlin. Derzeit nämlich steigt laut Lufthansa die Nachfrage nach Tickets von und nach Berlin. Es wird daher eng. Auf Nachfrage von BLICK erklärt ein Sprecher der Lufthansa-Gruppe, zu der auch die Swiss gehört: «Es ist nicht auszuschliessen, dass es vor allem in Stosszeiten zu Kapazitätsengpässen kommen kann, auch in die Schweiz.»
Um der Lage Herr zu werden, baut die Lufthansa-Gruppe jetzt schon ihre Kapazitäten nach Berlin aus. Auch von Kloten ZH aus – mit Hilfe der Lufthansa-Tochter Swiss. Am Dienstag und Mittwoch setzte die Swiss nach Berlin etwa grosse Langstreckenflugzeuge ein, «um schnell zusätzliche Sitzplätze anbieten zu können», so der Lufthansa-Sprecher.
Die Swiss bereitet sich auch schon auf den Winter vor: Für den dann gültigen Flugplan soll die Anzahl der Swissflüge von Zürich nach Berlin und zurück um 21 Flüge pro Woche erhöht werden. Das sind im Schnitt drei Zusatzverbindungen pro Tag.
EU muss noch Monopol-Bildung prüfen
Derweil steht noch aus, welche einstigen Air-Berlin-Verbindungen die Lufthansa künftig überhaupt fliegen darf. Die EU redet da ein Wörtchen mit. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (49) hat bereits erklärt, dass man die Übernahme noch prüfen müsse. «Auf einigen Strecken gibt es jetzt einen sehr hohen Marktanteil oder sogar ein Monopol», so die EU-Kommissarin.
Bis diese Fragen gelöst sind, wird noch Zeit vergehen. Es ist auch noch gar nicht sicher, was mit den anderen Teilen von Air Berlin passiert. Heute Freitag, am letzten Flugtag der Airline sollten eigentlich die Verhandlungen mit Easyjet und Condor, einer Tochtergesellschaft des Reisekonzerns Thomas Cook, beendet sein.
Beendet wäre dann auch die Geschichte der Air Line mit den roten Schoggi-Herzen.