In Topjobs sind Frauen noch immer die Ausnahme. Das liegt nicht nur an der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie, auch nicht an der männlich geprägten Arbeitswelt. Sondern vor allem daran, dass Frauen im Privatleben einen hohen Preis zahlen, wenn sie in die Chefetage aufsteigen. Das zeigt eine neue Studie zweier schwedischer Forscher.
Olle Folke und Johanna Rickne haben untersucht, wie sich Beziehungen entwickeln, wenn Frauen Chefinnen werden oder hohe politische Ämter übernehmen. Das Resultat: Steigen Frauen an die Spitze von Unternehmen auf oder gewinnen die Wahl ins Parlament, steigt ihr Scheidungsrisiko.
Weibliche Führungspersonen sind drei Jahre nach ihrer Beförderung mehr als doppelt so häufig geschieden wie ihre männlichen Kollegen.
Tief verankerte Stereotypen
Bei jenen Frauen, die ins Parlament oder Bürgermeisteramt gewählt wurden, liegt die Scheidungsquote drei Jahre nach ihrer Wahl sieben Prozentpunkte höher als bei jenen, welche die Wahl knapp nicht geschafft haben. Bei den Männern hingegen hat ein Aufstieg keinen Einfluss auf das Scheidungsrisiko.
Was ist der Grund für dieses Ergebnis? Katja Rost (44), Professorin für Soziologie an der Uni Zürich: «Die Gesellschaft wertet Frauen ab, die nicht dem traditionellen Rollenbild entsprechen.» So gälten Frauen in Führungspositionen als zielstrebig, nicht aber als warmherzig oder sympathisch. «Oft ist der Spruch zu hören: ‹Wenn sie nur ihre Karriere im Kopf hat, kann sie keine gute Partnerin sein›», konstatiert Rost.
Solche Stereotype seien in unserer Gesellschaft tief verankert. «Und sie haben zur Folge, dass Frauen sich selber beruflich zurücknehmen: Wenn sich ihr Lohn demjenigen des Mannes annähert, reduzieren sie ihre Anstellung, führt Rost aus. Damit minimierten sie das Risiko, gegen die Erwartungen ihres Umfelds zu verstossen.
Mann muss sich dumme Sprüche anhören
Die Rollenklischees betreffen nicht nur Spitzenfrauen, sondern auch deren Partner. Die frühere SP-Ständerätin und Unternehmerin Anita Fetz (62) kann davon ein Liedchen singen. Ihr Mann, mit dem sie seit 35 Jahren zusammen ist, müsse sich oft dumme Sprüche anhören. «Der Spruch: ‹Wer hat denn bei euch die Hosen an?›, ist noch die harmlose Variante», so die Baslerin.
Fetz ergänzt: «Weniger harmlos ist es, wenn man dem Mann zu verstehen gibt, dass er nichts draufhat – weil es ja sonst nicht möglich wäre, dass sie an seiner Stelle Karriere macht.» Um diese kleinen Attacken souverän zu ertragen, müsse ein Mann schon ziemlich selbstbewusst sein, sagt Fetz: «Nicht alle können damit umgehen.»
Gleichberechtigte Beziehung verhindert höheres Scheidungsrisiko
Noch komplizierter wird es, wenn Kinder ins Spiel kommen: Die verändern die Rollenteilung in der Beziehung ebenfalls – in der Regel zum Nachteil der Frau. So erzählt die erfolgreiche Unternehmerin Sarah Hauser (51)*, wie sie nach der Geburt der Tochter ihren Mann darum gebeten habe, sein Pensum auf 80 Prozent zu reduzieren. «Das kam für ihn nicht infrage», sagt Hauser.
Ebenso sei für ihren Mann klar gewesen, dass sie einspringen werde, wenn die Tochter krank ist. Sie habe sich gegen diese Einstellung gewehrt, am Ende meist ohne Erfolg. «Meine Erfahrung ist: Viele Männer haben Mühe damit, die Karriere ihrer Partnerin als gleichwertig anzuerkennen», sagt Hauser.
In der Zwischenzeit hat sie sich von ihrem Mann getrennt – und bestätigt damit die Ergebnisse der schwedischen Studie. Die wissenschaftliche Untersuchung zeigt aber auch: Wenn Paare eine gleichberechtigte Beziehung leben, hat der Aufstieg der Frau keinen Einfluss auf das Scheidungsrisiko. Den Grund dafür sehen die Autoren darin, dass in traditionellen Beziehungen der Aufstieg der Frau grössere Umstellungen mit sich bringt. Etwa weil die Aufgaben im Haushalt neu verteilt werden müssen.
Mit dem Partner übers Lebensmodell sprechen
Sowohl Anita Fetz als auch Sarah Hauser sehen die richtige Partnerwahl denn auch als Schlüssel zum – privaten – Erfolg. «Mein Rat an jüngere Frauen, die Karriere machen wollen: Sprecht mit dem Partner über euer Lebensmodell!», sagt Ex-Politikerin Fetz. «Wer reduziert seine Arbeitszeit, wenn Kinder da sind? Solche Fragen muss man vorher diskutieren.» Wofür auch die Frauen verantwortlich seien.
Ähnlich äussert sich Chefin Hauser: Sie empfiehlt jungen Paaren sogar, schriftlich festzuhalten, wer sein Pensum um wie viel Prozent reduziere: «Ich führte dieses Gespräch mit meinem Mann erst während der Schwangerschaft, da war es schon zu spät.»
Eine Stelle mit einem Pensum unter 70 Prozent schmälere im übrigen nicht nur die beruflichen Chancen, sondern auch die Altersrente, fügt Fetz an.
Auch Männer profitieren von der Karriere der Frau
Die frühere Ständerätin ist überzeugt: Für die Männer bedeutet es eine Entlastung, wenn sie nicht alleinige Ernährer der Familie seien.
«In meinen Führungsseminaren treffe ich immer wieder auf Männer um die 40, die in ihrem Job nicht glücklich sind», sagt Fetz.
Doch sie könnten sich häufig eine Kündigung nicht leisten, da sie unter dem Druck stünden, das Geld nach Hause zu bringen. «Von daher profitieren auch die Männer, wenn ihre Frau Karriere macht.»
* Name geändert