Wohnen ist beinahe schon unbezahlbar in der Schweiz, so die landläufige Meinung. Falsch, schreibt der Ökonom Klaus Wellershoff (55) in seiner Kolumne in der «Handelszeitung». Nicht das Wohnen sei teuer, sondern das Bauen. Mussten die Schweizer für Wohnen und Heizen im Jahr 2000 noch durchschnittlich 17,6 Prozent ihres Haushaltseinkommens aufwenden, so waren es 2016 noch 14,7 Prozent, wie eine Erhebung des Bundes zeigt. Tendenz weiter sinkend.
Nicht die Mietkosten insgesamt seien das Problem sondern die hohen Neumieten, glaubt Wellershoff. Also, die Mieten, die in Neubauten oder für renovierte Wohnungen verlangt werden.
Der Staat verdient mit
Der Grund: «In keinem Land der Welt ist das Bauen oder das Renovieren so teuer wie in der Schweiz», sagt Wellershoff. Dieser Aussage pflichten die Immobilien-Experten Robert Weinert (40) von Wüest Partner und Donato Scognamiglio (49) von Iazi mehr oder weniger bei. Klar ist: Bauen in der Schweiz kann ganz schön ins Geld gehen!
Bei den Gründen dafür, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Für Wellershoff ist klar, der Staat ist der grösste Kostentreiber: «Allein die Kosten der Baubewilligungsverfahren werden in der Schweiz auf jährlich über 600 Millionen Franken geschätzt». so der Ökonom. Dazu kämen die Kosten der durch unsere Beamten angeordneten Massnahmen.
Weinert dagegen sieht das Problem im hohen Lohnniveau und den teuren Materialien, die oft in Neubauten eingesetzt würden: «Im Schweizer Mietwohnungsmarkt wird hochwertiger gebaut als in vielen anderen Ländern.» Also zum Beispiel mit zwei Nasszellen, teuren Küchengeräten, Mehrfachverglasung oder nach Minergie-Standards.
Explodierende Bodenpreise
Das sei gar nicht zwingend nötig, sagt Scognamiglio: «Müssen wir wirklich alle Gebäude so bauen, dass sie für die nächsten 100 Jahre halten. Viele werden eh nach 50 Jahren wieder abgerissen.» Für ihn liegt das Problem nicht bei den Materialien: «Wir haben keine Backstein-Preisexplosion sondern eine Bodenpreis-Explosion», erklärt Scognamiglio. Denn Bauland ist in der Schweiz rares Gut.
Bauen in der Schweiz ist so teuer wie fast nirgendwo sonst auf der Welt. Darin sind sich die drei Experten einig. Bei den Gründen dafür hat jeder eine andere Meinung. Nur hilft das den Mietern wenig, die das Leben im Neubau finanzieren müssen.