Schnell passiert, lästig und vor allem teuer: Glasschäden an Windschutzscheiben gehören zu den immer wiederkehrenden Ärgernissen im Autofahrer-Alltag.
In der Regel geschehen sie, wenn kleine Steine von anderen Verkehrsteilnehmern in die Höhe geschleudert werden. Winzige Näggi können dazu führen, dass die ganze Scheibe ausgetauscht werden muss – laut Zurich-Versicherung kommt dies allerdings viel zu häufig vor. Auf Anfrage von SonntagsBlick hat die Zurich errechnet, dass ihre Kunden pro Jahr insgesamt 7,4 Millionen Franken sparen könnten, wenn die Scheibe repariert statt ersetzt würde. Hochgerechnet auf die Schweiz wären dies 37 Millionen Franken, die Schweizer Autofahrer jedes Jahr zu viel bezahlen.
Happige Preisunterschiede
Die Preisunterschiede sind happig: Eine Reparatur kostet rund 200 Franken, eine neue Scheibe dagegen 1200. «Ein Glasschaden bedeutet noch lange nicht, dass ein Autofahrer die Windschutzscheibe ersetzen muss. 30 Prozent der Schäden können Fachleute reparieren», sagt Ralph Echensperger (40), Leiter Schaden bei der Zurich Schweiz.
Damit eine Scheibe tatsächlich repariert werden kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Der Hick darf nicht grösser sein als ein Zweifrankenstück, sich nicht im Sichtfeld des Fahrers befinden und mindestens sechs Zentimeter vom Scheibenrand entfernt liegen (Grafik oben rechts).
«Wir kommen auf eine Reparaturquote von rund 30 Prozent. Es wären wohl noch mehr möglich», sagt Eric Fankhauser (33), Mitgründer der Firma Swiss Autoglass. Dass viel zu häufig einfach mal die Frontscheibe ersetzt wird, habe einen Grund: «Garagisten reparieren oft bewusst nicht, weil für sie der Ersatz ein besseres Geschäft ist.»
Garagisten-Deals mit den Lieferanten
In der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass Garagisten Deals mit ihren Lieferanten haben. Viele verpflichten sich etwa, pro Jahr eine gewisse Menge Ersatzteile zu verkaufen. Dazu gehören auch Windschutzscheiben. «Es ist wie bei Ärzten: Dort wird auch viel zu oft operiert. Der Kunde hat meist keine Wahl, als dem Experten zu glauben», sagt Kurt Egli (57) Auto-Experte des Verkehrs-Clubs (VCS).
Laut Autoglass-Profi Fankhauser gibt es aber noch einen weiteren Grund für die niedrige Reparaturquote: «Es bleibt eine Narbe. Viele Kunden akzeptieren das aus ästhetischen Gründen nicht.»
Ralph Echensperger von der Zurich-Versicherung appelliert deshalb an die Vernunft der betroffenen Autofahrer: «Eine Reparatur hat auch ökologische Vorteile. Es muss keine neue Scheibe hergestellt und keine alte entsorgt werden.»