Saudi-Arabien gibt Gas. Mit der «Vision 2030» will der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (38) das Land aus der Abhängigkeit von Öl und Gas führen. Das Ziel: Dubai den Rang abzulaufen, um künftig die führende Destination im arabischen Raum zu sein. Herr und Frau Schweizer sollen künftig nach Jeddah ans Meer oder nach Riad in die Wüste statt zum Burj Khalifa.
Der wichtigste Teil des ambitionierten Projektes ist Neom, eine riesige Metropolregion im Nordwesten des Landes, die aus der Wüste gestampft wird. Bei Neom soll auch «The Line» entstehen – die linienförmige Megastadt, die dereinst 170 Kilometer lang, 500 Meter hoch und 200 Meter breit werden soll. Bis das Jahrhundertprojekt für 500 Milliarden Dollar vollständig vollendet ist, geht es noch Jahrzehnte.
Deshalb braucht das Königreich einen Eckpfeiler für die «Vision 2030» – ein internationales Highlight mit Strahlkraft. Da kommt die Fussball-Weltmeisterschaft als grösster Sportevent der Welt gerade recht. Seitdem sich mit Australien der einzige Konkurrent für die Austragung der WM 2034 zurückgezogen hat, ist der Zuschlag für Saudi-Arabien nur noch Formsache. Nun hat Saudi-Arabien die Bewerbung offiziell bei der Fifa eingereicht. Blick hat das 125-seitige Bewerbungsdossier analysiert – und stellt die Saudi-Pläne vor:
Die Mega-Stadien
In insgesamt 15 Stadien soll die WM 2034 ausgetragen werden. Fünf Städte kommen zum Handkuss: Riad, Dschidda, Khobar, Abha und Neom. Davon werden elf Fussball-Tempel komplett neu gebaut. Die anderen vier Stadien werden entweder renoviert oder ausgebaut.
Das King Salman International Stadium in der Hauptstadt Riad wird mit einem Fassungsvermögen von 93'000 Zuschauern das grösste der WM sein. Baubeginn ist 2025, eröffnet wird das Stadion, das später für Konzerte und andere Sportevents Platz bieten soll, bereits im Jahr 2029.
Besonders futuristisch sieht das Prince Mohammed bin Salman Stadium aus – benannt nach dem aktuellen Kronprinzen. Es soll 47'000 Zuschauern Platz bieten, 2029 fertiggestellt werden und ein Teil eines neu gebauten Unterhaltungsviertels in Riad sein.
Und der Preis für das extravaganteste Stadion dürfte an die Spielstätte in Neom gehen. Es soll komplett mit erneuerbaren Energien betrieben werden, 46'000 Fans Platz bieten und 2032 fertiggestellt sein. Saudi-Arabien preist es als das «einzigartigste Stadion der Welt» an.
Der Zeitpunkt
Gibts wieder eine Winter-WM wie 2022 in Katar? In Saudi-Arabien klettert das Thermometer im Juli regelmässig über die 40-Grad-Marke. An Fussball ist bei diesen Bedingungen nicht zu denken. Möglich, dass die Stadien heruntergekühlt werden könnten. Aber die Organisatoren schreiben im Bewerbungsdossier auch: «Die Temperaturen in Saudi-Arabien sind zwischen Oktober und April am mildesten.»
Mehr zu Saudi-Arabien
Klar ist: Ein Entscheid über den Zeitpunkt ist nicht gefallen. Die Organisatoren positionieren sich nicht abschliessend. Man wolle neben den klimatischen Bedingungen auch den globalen Fussballkalender, andere grosse Sportereignisse und religiöse Feiertage in Betracht ziehen. Der April mit dem Fastenmonat Ramadan und Weihnachten werden explizit erwähnt. Eine WM im Frühling oder bis über den 23. Dezember hinaus sind somit vom Tisch. Am wahrscheinlichsten ist ein Turnier von Anfang November bis Mitte Dezember – bei Temperaturen von 15 bis 30 Grad.
Die Menschenrechte
In Katar waren die Arbeitsbedingungen beim Stadionbau das Hauptthema in der westlichen Welt. Saudi-Arabien verspricht: «Wir werden unsere Verpflichtungen in Bezug auf Zwangsarbeit, Kinderarbeit und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Bedingungen einhalten.» Und weiter: «Wir werden uns darum bemühen, dass unsere Partner die Standards einhalten.»
Ein weiteres heisses Eisen betrifft die LGBTQ+-Community. Homosexualität ist in Saudi-Arabien aktuell verboten. Explizit wird dieser Punkt von den Organisatoren nicht erwähnt, sie äussern sich aber generell zum Thema Diskriminierung: «Wir verpflichten uns, ein diskriminierungsfreies Wettbewerbsumfeld zu schaffen und die Diskriminierung aufgrund geschützter Merkmale zu beseitigen.»
Der Alkohol
Werden Fussballfans in Saudi-Arabien ein Bier trinken können? Grundsätzlich ist im Königreich Alkohol strengstens verboten. Katar sorgte 2022 für Schlagzeilen, nachdem sämtliche alkoholischen Getränke zwei Tage vor Turnierbeginn doch noch aus den Stadien verbannt worden sind. Es scheint, als ob Saudi-Arabien denselben Weg einschlägt.
Das würde bedeuten: Bier und Co. darf man in Fan-Zonen und in Hotels trinken – in und ums Stadion gibts keinen Alkohol. Offiziell dazu äussern sich die Organisatoren im Bewerbungsdossier nicht. In britischen Medien ist aber davon die Rede, dass der Bierkonsum nicht gänzlich verboten sein wird. «Das ist eine beschlossene Sache, wenn auch noch nicht offiziell», sagte ein Insider der «Daily Mail».