Fussballer-Ehefrau wegen heikler Influencer-Werbung vor Gericht
Cathy Hummels hätte in der Schweiz nichts zu befürchten

Cathy Hummels, die Frau von Fussballer Mats Hummels, steht in Deutschland als Influencerin vor Gericht. Sie soll Schleichwerbung gemacht haben. Auch Schweizer Influencer kennzeichnen Werbung teilweise nicht. Dennoch müssen sie sich nicht fürchten.
Publiziert: 18.02.2019 um 19:34 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2019 um 15:39 Uhr
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Cathy Hummels muss sich vor Gericht verantworten, weil sie gerne mit Produkten posiert. Doch dabei handelt es sich in vielen Fällen wohl um Werbung. Gekennzeichnet ist dies aber nicht.
Foto: Getty Images
David Torcasso («Handelszeitung»)

In München stand vergangene Woche Cathy Hummels, die Frau des deutschen Nationalspielers Mats Hummels, vor Gericht, weil sie auf Instagram versteckt Werbung gemacht haben soll. Der Verband Sozialer Wettbewerb in Deutschland bezichtigt sie der Schleichwerbung. 

Obwohl eigentlich alles harmlos begann: Im August vergangenen Jahres teilte Cathy Hummels auf Instagram ein Bild, auf dem sie mit ihrem Sohn Ludwig auf dem Boden spielt. Sein Gesicht verdeckt die 31-Jährige mit einem Plüsch-Elefanten der Traditionsmarke Steiff. Hummels hat rund eine halbe Million Follower bei Instagram.

Das Bild mit dem Elefanten ist aber nicht das einzige Foto. Insgesamt geht es um 15 veröffentlichte Motive, auf denen man verschiedene Markenprodukte erkennen kann, zum Beispiel Schuhe oder Kleider. Einige Brands verlinkte Cathy Hummels im Text zu den Bildern, aber kennzeichnete diese Posts nicht als Werbung. Der Verband hatte die Moderatorin deshalb verklagt. Hummels verteidigt sich und sagt: Sie hätte mit dem Elefanten nur das Gesicht ihres Kindes verdecken wollen, um es nicht im Internet zu zeigen. 

Werbung müsste eigentlich gekennzeichnet sein

Doch wie sieht es mit der Kennzeichnungspflicht für Werbung in der Schweiz aus? Müssen Influencer Klagen befürchten? Der auf Medienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger beruhigt und sagt: «In der Schweiz wäre ein solcher Fall kaum vorstellbar.»

Hierzulande existiert – wie auch in Deutschland – ein Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbebewerb (UWG). Theoretisch drohen Influencern, die Werbung nicht kennzeichnen, auch in der Schweiz rechtliche Folgen. «Influencer dürfen ihr Publikum nicht täuschen», sagt Steiger. 

Das Lauterkeitsrecht schreibt vor, dass Werbung für das Publikum erkennbar sein muss. Das Transparenzgebot gilt ebenfalls für Influencer und andere Personen, die auf Social-Media-Plattformen mit positiver Berichterstattung für Dienstleistungen und Produkte oder für Unternehmen werben – insbesondere gegen Bezahlung. Es besteht somit auch eine Kennzeichnungspflicht in der Schweiz. Dabei greifen auch die Grundsätze «Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation», die besagt, dass Werbung erkennbar sein muss, unabhängig vom Werbeträger. Schleichwerbung sei verboten, auch wenn dafür nicht bezahlt wird. 

So zeigen auch Schweizer Influencerinnen wie Zoe Pastelle Produkte auf ihrem Instagram-Profil. Die 19-Jährige kratzt an der Marke von 200'000 Followern auf Instagram. 

Wenig rechtliche Handhabe

Trotz diesen Regelungen sagt Steiger: «In der Praxis müssen Influencer in der Schweiz voraussichtlich keine rechtlichen Folgen befürchten, wenn sie Werbung nicht kennzeichnen.» Denn die Lauterkeitskommission hat als Institution – ähnlich wie der Medienrat – keine Sanktionsmöglichkeiten. Die Kommission in der Schweiz erhielt laut Steiger auch bisher keine Beschwerden bezüglich Influencern. Dafür sind aber zivilrechtliche Klagen wegen unlauterem Wettbewerb gegen Influencer möglich. Das sei aber eher unwahrscheinlich. 

«Bei unlauterem Wettbewerb gibt es in der Schweiz tatsächlich eine gewisse Laissez-faire-Haltung, nicht nur bei Schleichwerbung auf Social Media», sagt Steiger. Auch E-Mail-Spam stelle eigentlich unlauteren Wettbewerb dar, doch würden entsprechende Strafverfahren in der Schweiz üblicherweise nicht an die Hand genommen, weil die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte darin eine Bagatelle sehen würden, sagt der Anwalt.

Michèle Krüsi kennzeichnet mit bei ihrem Profil «TheFashionFraction» die Werbung mit dem Hinweis: «Bezahlte Partnerschaft». 

Naive Werbeträger

Dass Influencer Werbung für Produkte nicht ausweisen, geschehe aber oft auch ohne Absicht: «Viele Influencer haben schlicht keine Ahnung von Recht, da sie häufig in diese Rolle hineingerutscht sind», sagt Steiger. Dieses fehlende Wissen betreffe nicht nur Schleichwerbung, sondern beispielsweise auch Verträge mit Agenturen und Manager. «Viele Influencer lassen sich über den Tisch ziehen.»

Trotzdem beobachtet Steiger auch eine Veränderung des Verhaltens in Beziehung auf Transparenz bezüglich bezahlter Partnerschaften bei Instagram-Stars. «Influencer, die Werbung nicht kennzeichnen, setzen ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel», so Steiger.  Verdeckte Werbung würde von den Auftraggebern immer weniger akzeptiert. Zudem sei eine Kennzeichnung unproblematisch, sagt der Experte. «Die Follower lassen sich von Werbung nicht abschrecken. Deshalb ist Transparenz kein Nachteil.»

Anders sieht das Melanie Balasopulos. Sie betreibt die Swiss Digital Influencer Academy im Technopark in Zürich. Dort bildet sie während sechs bis zwölf Monaten Influencer aus. Kostenpunkt für Ausbildung zum Profi-Instagrammer: 5000 Franken.

Zum Fall von Cathy Hummels sagt sie: «Ich finde es absolut übertrieben, wie man mit diesem Thema in Deutschland umgeht. Es ist ein harmloses Bild von einer Mutter, die das Gesicht ihres Babys mit einem Plüschtier versteckt. Dass sie dafür verklagt wird, geht absolut zu weit.» Weshalb in der Schweiz andere Regeln als beim nördlichen Nachbarn gelten, kann sie nicht sagen. Balasopulos findet die Selbstkontrolle durch die Lauterkeitskommission sinnvoller als die in ihren Augen «strengen Regeln» in Deutschland.

Grauzone in der Schweiz

Wie Medienanwalt Martin Steiger bestätigt Balasopulos auch, dass man in der Schweiz hingegen kaum gegen Schleichwerbung vorgehen könne, weil keine spezifischen Deklarationsvorschriften für Werbung in den sozialen Medien existiere. Auch sie verweist auf das Lauterkeitsrecht und das Transparenzgebot. Diese Klausel sei aber nicht strafbar und Verstösse würden selten geahndet. «Deshalb bewegen sich Influencer und Marken in der Schweiz noch in einer Grauzone.»

In ihrer Ausbildung kläre sie die Influencer in spe darüber auf, ihre Posts als Werbung zu kennzeichnen, falls das nötig sei. «Medienrecht ist ein grosses Thema an der Swiss Digital Influencer Academy und daher ein wichtiger Bestandteil unseres Lehrgangs», betont sie. In der Schweiz würden professionelle Influencer ihre Werbung mittlerweile «fast immer» kennzeichnen, sagt Balasopulos und ist in diesem Punkt mit Martin Steiger einig: «Wenn Influencer Werbung nicht ausweisen, setzen sie das allerwichtigste aufs Spiel: ihre Glaubwürdigkeit.»

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.

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