Frührente in Gefahr – Ärzte über Rückenweh, Arthrose, Gelenkschmerzen
So kaputt machen 40 Jahre auf dem Bau

Das Krampfen auf der Baustelle beansprucht den Körper extrem. Mediziner erklären, womit die dort Beschäftigten rechnen müssen.
Publiziert: 06.05.2018 um 11:07 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 18:15 Uhr
1/4
Arthrose, Gelenk- und Rückenschmerzen sind für viele Bauarbeiter der Preis ihres Jobs.
Foto: Symbolbild
Simon Marti und Moritz Kaufmann

Trübe Aussichten für die Schweizer Bauarbeiter. Ihre Frührente mit 60 ist in Gefahr. Die Stiftung Flexibler Altersrücktritt (FAR), welche vorzeitige Pensionierungen ermöglicht, steckt finanziell schon länger im Loch. Nun folgte eine weitere Hiobsbotschaft: Die BVG-Auffang-Einrichtung hat, wie der BLICK berichtete, ihren Vertrag mit der Baubranche gekündigt.

Demnach wäre eine Frührente künftig nur noch unter massiven finanziellen Einbussen zu haben: just für jene Arbeitnehmer, die ohnehin täglich schwere Strapazen über sich ergehen lassen.

Arbeiten selbst unter widrigsten Wetterbedingungen

Die körperlichen Belastungen seien trotz verbreiteten Einsatzes von Maschinen immer noch hoch, sagt Klaus Stadtmüller (57), Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin: «Menschen auf dem Bau sind den ganzen Tag über der Witterung ausgesetzt. Im Sommer der Hitze und der UV-Strahlung, im Winter der Kälte.»

Das bringe eine starke Belastung von Muskulatur und Knochen mit sich und bedeute: Rückenprobleme, Hüftarthrose, Gelenkschmerzen. «Typisch sind auch die Abnutzung von Sehnen und Bändern sowie Hauterkrankungen, hervorgerufen durch die verwendeten Mate-rialien», so Stadtmüller.

Die Folge: Durch den körperlichen Verschleiss altern Bauarbeiter schneller als etwa Büroangestellte. Das Unfallrisiko kommt hinzu: «Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass kein Bauarbeiter unfallfrei durchs Arbeitsleben geht», sagt der Mediziner, dessen Vater als Maurer arbeitete.

Sollten Frühpensionierungen erschwert werden, wäre dies aus seiner Sicht ein Rückschritt für die Betroffenen, so Stadtmüller. «Ihnen wurde im Arbeitsleben nichts geschenkt.»

«Zu hohe Dosis an Belastung»

Walter O. Frey (60), Experte für physikalische Medizin und Chefarzt an der Movemed-Klinik Balgrist, ergänzt: «Eigentlich ist Bewegung etwas Gutes, doch bei den Bauarbeitern ist die Dosis viel zu hoch.»

Ideal fände er, wenn man die Belastungen reduzieren könnte. «Und zwar schon in jungen Jahren.» Dies sei etwa an den Schweizer Flughäfen gelungen. «Dort gilt die Regel: Niemand darf mehr als 23 Kilo tragen.» Die Folge: «Flughafen-Angestellte bewegen sich viel und sind an der frischen Luft. Sie sind wahrscheinlich gesünder als Büroangestellte, die im Sitzen verfetten.»

So oder so: Dass die Gesundheitsrisiken für Bauarbeiter so hoch sind wie kaum bei einer anderen Berufsgruppe, wissen die Betroffenen selbst: Sie werden die Abschaffung von Rente 60 deshalb kaum kampflos hinnehmen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.