Früher förderte die Sexindustrie Innovationen
Porno-Industrie erschlafft als Pionierin

Die Sexindustrie hat so mancher technischen Innovation den Weg auf den Markt geebnet. Doch einiges deutet darauf hin, dass die Innovationspotenz langsam verkümmert.
Publiziert: 15.02.2020 um 16:38 Uhr
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Virtual Reality hat den Durchbruch im Mainstream noch nicht geschafft – bei Pornokonsumenten schon.
Foto: Getty Images/Westend61
Lorenz Keller

Historisch gesehen gibt es einige Hinweise darauf, dass die Sexindustrie neuer Technik den Weg von der Nische in den Massenmarkt geebnet hat. So waren in den späten 1970er-Jahren der Grossteil der verkauften VHS-Videokassetten Pornofilme. Dafür waren die Leute bereit, viel Geld auszugeben. Erst als VHS günstiger wurde, verkauften sich auch Familienfilme.

Beim Aufkommen des Internets in den 1990er-Jahren konnte man ein ähnliches Phänomen beobachten. 1995 berichtete die «New York Times», dass gemäss einer Studie in den Diskussionsforen fünf von sechs geteilten Bildern nackte Menschen und Sexszenen zeigten. Porno war der Treiber für bessere Modems und schnellere Leitungen. Die Sexindustrie galt in jenen Bereichen, die fürs Geschäft nützlich waren, als Pionierin. Etwa bei der Videokompression, damit die Datenmengen kleiner wurden. Oder bei sicheren Online-Bezahlsystemen, die es für Pornoseiten schon seit den späten 1990er-Jahren gibt.

Nicht jeder Trend kommt von der Porno-Industrie

Doch die Sexindustrie hat in den letzten Jahren auch Trends verpasst. So haben Plattformen wie Facebook, Youtube, Amazon oder Ebay ermöglicht, dass jedermann zum Heimunternehmer werden und Produkte oder Inhalte weltweit vertreiben kann. Die Porno-Unternehmen haben den Trend mit selbst gedrehten Videos oder Livestreaming nur kopiert. Social Media haben den Aufstieg gar ganz ohne Pornohilfe geschafft. Ja, es ist der Industrie nicht einmal gelungen, die Idee zu klonen.

Virtual Reality (VR) ist ein Zukunftsthema, das immer wieder mit Pornografie in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich gibt es inzwischen ein beachtliches Angebot an Sexvideos für virtuelle Brillen. In den Massenmarkt hat es VR trotzdem noch nicht geschafft. Die Brillen sind zu klobig und teuer, das Angebot an Inhalten zu wenig interessant.

Auch beim Thema Robotik sind konventionelle Start-ups und die grossen Techkonzerne die treibende Kraft. Es gibt deutlich mehr intelligente Roboter im Bereich Service, Unterhaltungselektronik oder Pflege als smarte Sextoys.

Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Porno-Industrie heute an innovativer Kraft eingebüsst hat. Zwar läuft die Geldmaschine nach wie vor heiss, beflügelt von den technischen Möglichkeiten der Verbreitung von Inhalten. Der Einfluss auf neue Trends und Innovationen ist aber geringer als etwa zur Anfangszeit des Internets.

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