Franz N. (30) kritisiert Entschädigung bei Flugausfall
«Mit 20 Stutz komme ich am Flughafen Zürich nicht weit»

Wie viel Geld sollen Passagiere im Falle einer langen Verspätung für ihre Verpflegung erhalten? Die Meinungen dazu gehen auseinander.
Publiziert: 10.05.2023 um 14:57 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2023 um 13:30 Uhr
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Das Verpflegungsangebot am Flughafen Zürich ist gut – aber ziemlich kostspielig.
Foto: Philipp Jeker Photography
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Blick-Leser Franz N.* (37) ärgert sich über die Fluggesellschaft Austrian Airlines. Wegen eines technischen Defektes annullierte Austrian seinen Flug von Zürich nach Wien am 5. Mai und buchte ihn daraufhin via München nach Wien um.

So weit, so gut. Aber: Für die über vierstündige Wartezeit auf den alternativen Flug nach München erhielten er und seine Begleiterin lediglich je einen Verpflegungsgutschein von 20 Franken. Den «iCoupon», der sich bei diversen Partnern am Flughafen Zürich einlösen lässt, kriegten sie automatisiert aufs Handy.

«Mit 20 Stutz komme ich am Flughafen Zürich nicht weit», sagt Franz N.*. Das stimmt: Bei Preisen von über 5 Franken für etwas Wasser sowie Sandwiches ab 10 Franken gibt es für 20 Franken nicht viel. Doch gibt es für mehr auch wirklich Anspruch?

Unklare Regelung in der Verordnung

Die Flugpassagierrechte innerhalb der EU und auch der Schweiz sind in der EU-Verordnung 261 festgehalten. Darin geregelt ist etwa der grundsätzliche finanzielle Entschädigungs-Anspruch bei einer Annullierung oder langen Verspätung. Unter Artikel 1/17 steht allerdings nur: «Fluggäste, deren Flüge sich um eine bestimmte Zeit verspäten, sollten angemessen betreut werden.»

Das lässt viel Interpretations-Spielraum offen. Und: Für 20 Franken gibts in Zürich weniger als für 20 Euro in Wien. Wie wird berechnet?

Austrian Airlines ging auf eine Nachfrage von Blick zur Höhe der Verpflegungs-Entschädigung nicht ein. Die Konzernschwester Swiss dagegen schon: «Die Höhe der Verpflegungspauschale kann je nach Flughafen variieren, in Zürich erhalten Fluggäste von Swiss bei einer Verspätung ab vier Stunden einen Gutschein in Höhe von 20 Franken», sagt Swiss-Sprecher Michael Stief. «Dies erachten wir als angemessen.»

Natürlich müssen Fluggesellschaften die Kosten im Blick behalten. 20 Franken für 150 stehen gebliebene Passagiere sind 3000 Franken. Damit sind zwischen 5 und 10 Passagiere schon mal gratis geflogen.

Bei Verspätung muss immer Betreuung sichergestellt sein

Franco Muff (64), Ombudsman der Schweizer Reisebranche, findet 20 Franken für eine Verspätung von drei bis vier Stunden in Ordnung, fügt jedoch an: «Dauert die Verspätung länger, müsste aufgebessert werden.» Die Höhe der Verpflegungs-Entschädigung müsste sich also an der Dauer der Verspätung orientieren – wenn die Verspätung nicht nur drei, sondern sechs Stunden oder mehr beträgt, könnten nochmals 20 Franken ausbezahlt werden.

Die Gesetzgebung bleibt bei der Geldsumme vage. Muff kennt sogar Fälle, bei denen Fluggesellschaften gar keine Verpflegung bezahlen, weil die Verspätung auf «aussergewöhnlichen Umständen» beruht. Dies widerspricht allerdings klar dem Gesetz. «Die EU-Verordnung 261 besagt, dass eine Betreuungsleistung bei längerer Verspätung immer geschuldet ist», so Muff. Trifft die Airline keine Schuld an der Verspätung, sei sie nur von den pauschalen Entschädigungsforderungen befreit.

Geld zurückfordern ist möglich

Philippe Strässle (63), Schweiz-Chef des Flugpassagierrechts-Portals Airhelp, erklärt: «20 Stutz sind tatsächlich nicht der Hammer.» Auch er bemängelt, dass nicht klar definiert ist, was «angemessen» heisst.

Airhelp bearbeite solche Fälle «nur im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Rückerstattung, wenn dem Kunden infolge Verspätung zusätzliche Kosten entstanden sind». Dies seien in den meisten Fällen Transportkosten, Rückerstattung von verpassten Hotelnächten oder Automieten und damit zusammenhängende Verpflegungskosten. Strässle: «Dabei erhalten wir normalerweise die Quittungen des Restaurants und fügen diese Kosten zu den anderen Forderungen dazu, meist mit Erfolg.»

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