Die Gewerkschaften hoffen, dass der Arbeitskampf den Verkehr mit Zügen, Metro und Bussen zum Stillstand bringt. Aber auch an Schulen, im öffentlichen Dienst, in Spitälern oder der Justiz soll die Arbeit niedergelegt werden. Sogar die Müllabfuhr soll nichts gegen die unvermeidlichen Abfallberge unternehmen, um Präsident Emmanuel Macron zur Rücknahme seiner Rentenreform zu zwingen.
«Wir müssen die Wirtschaft lahmlegen», sagte Christian Grolier, ein hochrangiger Vertreter der Gewerkschaft Force Ouvriere, der Nachrichtenagentur Reuters.
Auch die Schweiz bekommt den Streik zu spüren. Am Flughafen Genf sollen am Donnerstag insgesamt 25 ankommende und 26 abfliegende Flüge aufgrund des Streiks gestrichen werden. Die Fluggesellschaft Swiss annullierte zudem mindestens zwei Flüge zwischen Paris und Zürich.
Auch der Zugverkehr zwischen der Schweiz und Frankreich dürfte praktisch zum Erliegen kommen. Bis auf einen einzigen Zug ab Basel fallen alle TGV-Verbindungen zwischen der Schweiz und Frankreich aus. Die Verbindungen im Regionalverkehr sind ebenfalls stark betroffen.
Nach Angaben der französischen Bahn soll insgesamt nur jeder zehnte Pendler- und Hochgeschwindigkeits-TGV fahren. Eurostar und Thalys zufolge sind mindestens die Hälfte ihrer Verbindungen zwischen Paris und London und Brüssel gestrichen, rund 20 Prozent aller Flüge werden nach Regierungsangaben vermutlich am Boden bleiben.
Es werde erwartet, dass voraussichtlich mehr als die Hälfte aller Grund- und Sekundarschullehrer nicht zur Arbeit gehen und die Notaufnahmen von Spitälern landesweit mit dünner Personaldecke auskommen müssen.
Das Land rüstet sich mit einem riesigen Sicherheitsaufgebot für den Streik. Allein in der Hauptstadt werden am Donnerstag 6000 Polizisten im Einsatz sein, kündigte der Pariser Polizeipräsident Didier Lallement an. Die Behörden rechnen bei Demonstrationen in Paris wieder mit heftigen Ausschreitungen. In ganz Frankreich sind nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner 245 Demonstrationen angemeldet.
Macron will Frankreichs veraltetes Rentensystem vereinfachen, das mehr als 40 verschiedene Pensionsformen umfasst. Viele davon haben uneinheitliche Renteneintrittsalter und unterschiedliche Auszahlungsmodalitäten. Er sagt, das System sei unfair und zu teuer. Macron fordert ein einheitliches, punktebasiertes System, wonach jeder Rentner für jeden eingezahlten Euro die gleichen Rechte habe.
Die bisherigen Versuche einer Rentenreform sind nicht gut ausgegangen: Die konservative Regierung des ehemaligen Präsidenten Jacques Chirac hat sich 1995 nach wochenlangen, lähmenden Protesten den Forderungen der Gewerkschaften gebeugt.
Laurent Berger, Chef der reformorientierten CFDT-Gewerkschaft, sagte, das soziale Umfeld sei explosiver als 1995. «In Bezug auf Spannungen, sozialen Zusammenhalt und Brüche in der Gesellschaft ist es jetzt viel schlimmer», sagte Berger. Die Verkehrsgewerkschaften haben für den am 5. Dezember beginnenden Streik kein Enddatum festgelegt.
(SDA)