Seit es den Euro gibt, war die Einheitswährung noch nie so schwach. Zwischen 94 und 95 Rappen gibt es dieser Tage für einen Euro. Oder andersrum: Für 1 Franken gab es mit dem jüngsten Rekordstand 1,06 Euro. Vor 15 Jahren war 1 Franken erst 60 Eurocents wert.
Experten sagen voraus, dass der Euro noch weiter fallen wird. Für die Schweizer Exporteure sind das schlechte Nachrichten: Ihre Produkte sind auf dem europäischen Markt in den letzten zwei Jahren um 12 Prozent teurer geworden – und damit weniger wettbewerbsfähig. Für die Schweizer Bevölkerung hingegen hat der schwache Euro auch seine guten Seiten: Wer ein Einkommen in Franken erzielt, profitiert in den 20 Ländern der Eurozone von günstigeren Preisen.
Das kommt gerade angesichts der Teuerung gelegen: Wer in Euro einkauft, kann einen Teil der verlorenen Kaufkraft ausgleichen. Die Inflation in der Schweiz erreichte im ersten Quartal 2023 ihren bisherigen Höchststand von mehr als 3 Prozent. Will heissen: Der Warenkorb eines Schweizer Haushalts hat sich im Schnitt um 3 Prozent verteuert.
Gleichzeitig hat der Franken im Vergleich zum Euro um 4 Prozent an Wert zugelegt. Wer Waren und Dienstleistungen in Euro statt Franken bezieht, kann den Kaufkraftverlust damit ausgleichen. Hie und da erlaubt der tiefe Eurokurs gar regelrechte Schnäppchen.
Günstigere Ferien
Eine Nacht in einem Vier-Sterne-Hotel in Rom kostet 350 Euro. Vor fünf Jahren hätte man 400 Schweizer Franken wechseln müssen, um die Übernachtung zu bezahlen. Heute braucht man dafür noch 330 Franken.
Dasselbe gilt zum Beispiel bei der Automiete in Frankreich: Für eine Woche kostet das Mietauto 250 Euro. Vor fünf Jahren entsprach das noch 285 Franken, heute sind es 236 Franken.
Online-Shopping
Auch bei Online-Einkäufen in Euro kommt die Frankenstärke zum Tragen. Etwa bei Einkäufen auf Amazon.de. Wer dort Produkte in Euro bestellt, kann auswählen, ob in Euro oder in Franken gezahlt wird. Bei Zahlungen mit Schweizer Franken kommt der aktuelle Wechselkurs zum Zug – und man profitiert automatisch vom Euro-Tief. Die Schweizer Bevölkerung profitiert hier genau wie beim Einkaufstourismus – nur spart man sich beim Online-Shopping die Fahrt nach Konstanz (D) oder Lörrach (D).
«Lohnerhöhung» für Grenzgänger
Wer in der Schweiz arbeitet, aber im grenznahen Ausland lebt, hat aufgrund des günstigen Wechselkurses am Ende des Monats mehr Geld im Portemonnaie. Ein einfaches Rechenbeispiel: 1000 Schweizer Franken waren vor zwei Jahren 940 Euro wert, vor zehn Jahren sogar nur 650 Euro. Heute kriegt der Grenzgänger für seine 1000 Schweizer Franken 1060 Euro. Die Grenzgängerinnen und Grenzgänger haben damit ihre Kaufkraft verbessert. Das gilt auch dann noch, wenn man die Inflation in der Eurozone abzieht. Sie liegt aktuell bei 4,3 Prozent.
Ferienhaus wird billiger
Profitieren können auch all diejenigen, die eine Immobilie in der Eurozone besitzen, etwa ein Ferienhaus in Frankreich. Die monatlichen Ratenzahlungen für die Hypothek auf das Haus werden dank des Wechselkurses günstiger. Konkretes Beispiel: Die monatliche Rate beläuft sich auf 1500 Euro. Bei Aufnahme der Hypothek vor zwei Jahren war 1 Euro noch 1.10 Franken wert. Die Hypothek schlug – umgerechnet – also mit 1650 Franken monatlich zu Buche. Bis heute hat sich die monatliche Rate auf 1410 Franken vergünstigt.
Königlicher Ruhestand in Portugal
Den Schweizer Ruhestand in ein sonniges Land der Eurozone wie Portugal zu verlegen, wird günstiger. Vor allem, wenn die derzeitige Schwäche des Euro gegenüber dem Franken langfristig anhält. Wer im Rentenalter auswandert, kriegt sowohl die AHV als auch die 2. und 3. Säule weiterhin in Schweizer Franken ausbezahlt. Beim derzeitigen Wechselkurs ist die Rente in Euro plötzlich mehr wert – und ermöglicht damit einen höheren Lebensstandard.