Fluggastrechts-Experte über Langstrecken-Chaos bei der Swiss wegen Rost-Boeing
«Ab 3 Stunden Verspätung muss die Airline bezahlen»

Eine einzige Boeing 777 der Swiss fällt aus – und das bringt den ganzen Flugplan der Airline durcheinander: Flüge fallen aus, fliegen nicht mehr direkt oder landen mit grosser Verspätung. Fluggastrechts-Experte Philipp Strässle erklärt, was Betroffenen zusteht.
Publiziert: 16.06.2019 um 21:25 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:08 Uhr
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Philippe Strässle (51), Geschäftsführer Airhelp Schweiz: «Je weiter die Flugstrecke, desto höher die Entschädigung. Diese kann zwischen 250 und 600 Euro schwanken.»
Foto: Zvg
Interview: Christian Kolbe

Die «HB-JND» ist der Pannenflieger der Swiss. Erst eine Notlandung am Polarkreis wegen eines defekten Triebwerks, nun Rost am Abwassertank der Boeing 777, wie der «SonntagsBlick» berichtet. Folge: Die Maschine bleibt am Boden. Das bringt den Flugplan der Swiss durcheinander. Seit Anfang Juni waren mehr als ein Dutzend Verbindungen auf der Langstrecke direkt oder indirekt betroffen. So kam es auch zu Verspätungen, Ausfällen und dem Einsatz von Ersatzmaschinen auf Flügen nach São Paulo, San Francisco, Singapur und Tel Aviv. BLICK hat bei Philippe Strässle (51), Geschäftsführer von Airhelp Schweiz, nachgefragt, welche Rechte Passagiere in solchen Fällen haben.

BLICK: Herr Strässle, wie kann ein einzelner Flugzeugausfall den Flugplan so durcheinander wirbeln?
Philippe Strässle:
Die Flugpläne sind so dicht, da wiegt jeder Ausfall schwer. Kommt es zu Verspätungen, braucht es auch eine Ersatzcrew. All das kostet. Für viele Fluggesellschaften ist es rentabler, einen Flug ausfallen zu lassen, als ein Ersatzflugzeug bereit zu halten.

Ein Flug fällt aus oder statt einer Direktverbindung gibt es einen Flug mit Zwischenlandungen. Wann haben Passagiere Anspruch auf Entschädigung?
Bis 14 Tage vor Abflug kann eine Fluggesellschaft machen, was sie will. Danach ist sie in der Pflicht, die Transportleistung zu erbringen. Das heisst: Landet ein Flug später als drei Stunden nach der Ankunftszeit, die auf dem Ticket steht, muss die Airline zahlen.

Wonach richtet sich die Höhe der Entschädigung?
Diese ist abhängig von der Distanz des Fluges. Je weiter die Flugstrecke, desto höher die Entschädigung. Sie kann zwischen umgerechnet 283 und 678 Franken schwanken. Diese Regelung gilt ohne Ausnahme für alle Flüge, die aus Europa abfliegen. Bei Flügen nach Europa gilt das nur, wenn eine europäische Airline den Flug durchführt.

Betroffene Passagiere können sich doch auch an das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wenden. Wozu braucht es denn Portale wie Airhelp? 
Das Bazl hilft nicht beim Einfordern der Entschädigung. Im Gegensatz zu Airhelp und anderen Organisationen. Nur im Erfolgsfall behalten wir 25 Prozent der Entschädigung, sonst hat der Passagier keine Kosten. Auf die Möglichkeit einer Entschädigung machen die Fluggesellschaften nie von sich aus aufmerksam.

Spielt es eine Rolle, wo und wie das Ticket gebucht wurde? 
Nein. Die Verantwortung, den Flug durchzuführen, die mit dem Ticket gekaufte Dienstleistung zu erfüllen, liegt bei der Airline. Es ist egal, ob Sie eine Pauschalreise buchen oder das Ticket direkt bei der Gesellschaft kaufen.

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