Auf dem Schreibtisch von Eva Maria Temesvari (40) türmen sich die Beschwerden verärgerter Fluggäste: «Die Zahl der Fälle steigt unaufhörlich», sagt die Leiterin für Passagierrechte beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl).
2015 gingen bereits 1201 Anzeigen ein. «Wenn das so weitergeht, haben wir bis Ende Jahr 4000 Fälle.» Letztes Jahr waren es 3532. Die häufigsten Gründe für eine Anzeige sind Nichtbeförderung, Flugannullierung oder Verspätungen.
Die Baslerin trat vor zehn Jahren ihr Amt an, baute die Abteilung im Alleingang auf und führt heute ein Team von sechs Angestellten. Wenn Airlines sich weigern, Passagiere zu entschädigen, kann sie Bussen bis zu 20'000 Franken aussprechen. «Ich bin die Anwältin der Passagiere», sagt Temesvari von sich selbst.
Mehr als 500-mal war das schon der Fall, 724 Strafanzeigen sind hängig. «Ich bin der Schrecken der Airlines», sagt sie und lacht.
Die Mehrzahl der rund 200 Airlines, welche die Schweiz anfliegen, hat Temesvari im Griff. Billigflieger seien besonders kulant: «98 Prozent der Fälle werden zugunsten der Passagiere geschlossen.» Wie macht sie das? Temesvari weiss, wie die Luftfahrtbranche funktioniert. Ihr Jus-Studium finanzierte sie als Flight-Attendant bei der Crossair. «Unser Chef Moritz
Suter trimmte uns darauf, dass der Kunde immer König ist.» Nach dieser Devise führt sie heute ihr Amt: «Der Fluggast ist bei uns keine Nummer, sondern ein Mensch.» Einzelne Schicksale machen sie zuweilen sehr betroffen. «Der Einsatz für meine Passagiere geht manchmal an die Substanz. Meine Kinder helfen mir dann beim Abschalten», sagt die Mutter von zwei kleinen Mädchen.
Ausgleich verschafft ihr ein ungewöhnliches Hobby: Temesvari schminkt Prominente Moderatoren wie Stephan Klapproth (56) von «10 vor10» vor Firmen-Events: «Das holt mich wieder auf den Boden, wenn ich im Job in die Luft gehe.»