Filialleiterin ist nach Bäckerei-Keller-Konkurs wütend
«Qualität war dem neuen Besitzer nicht so wichtig»

Seit Freitag geht in den 14 Filialen von Beck Keller kein Brot mehr über die Theke. Die 100 Angestellten mussten nicht mehr zur Arbeit erscheinen. BLICK hat sich bei Kunden und Personal umgehört.
Publiziert: 30.09.2018 um 14:13 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2018 um 13:35 Uhr
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Im Stammhaus der Bäckerei-Kette Beck Keller in Regensdorf ZH wird kein Brot mehr verkauft.
Foto: Siggi Bucher
Patrik Berger, Konrad Staehelin und Petar Marijanovic

Im Zentrum von Regensdorf ZH ist die Stimmung bedrückt. Stammkunden wollen Brot posten, einen Kafi trinken. Doch es gibt nichts zu holen. Die Türen sind verriegelt. Stattdessen hängt ein Zettel dran: «Bis auf Weiteres geschlossen.»

Beck Keller, das Traditionsunternehmen, das hier 1908 gegründet wurde, ist in Konkurs gegangen, wie BLICK am Freitag publik gemacht hat. Neun Filialen im Kanton Zürich und fünf in der Stadt umfasste es zuletzt. Dazu 100 Angestellte. Die mussten gestern schon gar nicht mehr zur Arbeit erscheinen.

Bis vor anderthalb Jahren war der Beck Keller eine gut laufende Kette. Dann mussten die Kellers das Geschäft, das sie seit Generationen führten, an Klaus S.* verkaufen. Er wollte gestern nicht mit BLICK reden. Kellers bedauern den Konkurs, wollen sich weiter aber nicht äussern.

«Wo soll ich mein Schoggibrötli kaufen?»

Sandy Milicevic (29), vom Tattoo-Studio Black&White gegenüber, sagt, sie sei aus allen Wolken gefallen, als sie vor verschlossenen Türen stand. Jeden Morgen hat sie beim Beck Keller ihren Znüni geholt. Milicevic: «Wo soll ich nun mein geliebtes Schoggibrötli kaufen?»

Den Beck Keller kennt in Sirnach TG, Walkringen BE oder Zuchwil SO wohl niemand. Doch auch in diesen Dörfern machten in den letzten Jahren Bäckereien dicht. Zahlen des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands (SBC) zeigen: Das Bäckerei-Sterben ist real. Aktuell zählt der Verband noch 1488 Mitglieder. Bis in zehn Jahren sollen es nur noch 1100 sein. 

Coop und Migros investierten Millionen

Was sind die Gründe? Grossverteiler Coop und Migros investierten in den letzten Jahren Millionen Franken in den Ausbau ihrer Grossbäckereien. Masse statt Klasse? Gefehlt: Was traditionelle Kleinbäckereien seit Jahren machen, kopieren nun die Grossen. So wirbt der Migros-Industriebetrieb Jowa zum Beispiel mit sehr alten Getreidesorten, «aus denen ehrliche, authentische Produkte, gebacken aus Leidenschaft» entstehen.

Urs Wellauer (54), SBC-Direktor, sagt: «Kleinere Betriebe werden so immer mehr aus dem Markt gedrängt.» Er rät Dorfbäckereien, sich besser bei den Kunden vor Ort zu inszenieren. Als erfolgreiche Beispiele nennt er Bäckerei-Konditorei Füger in Steinach SG oder Lyner, die älteste Bäckerei auf dem Platz Winterthur ZH, 1903 gegründet.

«Schon am Mittag kein frisches Brot mehr»

Pleite-Kette Keller helfen heute keine Tipps mehr. BLICK trifft Kundin Heidi Kunz, die über den Konkurs erstaunt ist. Seit 40 Jahren war der Beck Keller in Regensdorf ihr Stammcafé. In den letzten Monaten sei es abwärts gegangen mit der Bäckerei. «Manchmal gab es schon am Mittag kein frisches Brot mehr.»

Auch François Fauchs (63) ist schockiert über das Aus. Er hatte sich für eine Sitzung im Café verabredet. «Mir tun vor allem die Mitarbeiter leid. Es muss brutal sein, wenn man von einem Tag auf den anderen den Job verliert.»

«Der neue Besitzer wollte nur noch junges Personal»

Jeannette Müller (66) ist tief betroffen vom Aus. 29 Jahre lang hat sie dort gearbeitet, zuletzt als Filialleiterin in Dällikon ZH. Ihre Tochter hat beim Beck Keller die Lehre gemacht. «Es tut mir weh, was mit dem Lebenswerk der Kellers passiert ist.»

Dass der Ofen nun aus ist, sei auch schade fürs Dorf. «Der Beck war ein Treffpunkt für alle», sagt Müller. Sie trauert der familiären Atmosphäre im Betrieb nach. «Der neue Besitzer wollte ein neues Konzept, nur noch junges Personal. Qualität war ihm nicht so wichtig.» Das habe sich nun gerächt.

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