Eine für Investoren bestimmte Studie der Credit Suisse zeigt nebenbei, wie unser entfesselter Immobilienmarkt die Einkommen und Vermögen in der Schweiz umverteilt und immer mehr Menschen zum Auszug aus den Städten zwingt. Dort sind die Wohnungen inzwischen fast doppelt so teuer, wie in den Vororten.
In der Stadt Zürich etwa kostet – gemäss der Studie - eine 4,5-Zimmer-Neubauwohnung inzwischen fast 1,8 Millionen Franken. 26 Eisenbahnminuten vom Hauptbahnhof entfernt kann man eine gleich grosse Wohnung für eine Million kaufen und wer bereit ist, eine ganze Stunde zu pendeln, zahlt nur noch 0,7 Millionen Franken.
Dank den tiefen Zinsen sind allerdings die 1,8 Millionen für einen finanziell potenten, kreditwürdigen Käufer kein Problem. Bei einem (Hypo-)Zins von 0,6 Prozent belaufen sich die monatlichen Zinskosten bloss auf 900 Franken. Dazu kommen etwa 1000 Franken andere Kosten. Da stellt sich die Frage, ob man sich nicht gleich zwei Wohnungen kaufen und eine davon vermieten soll.
Gekauft, um zu vermieten
Genau dazu ermuntert die Studie. In der Zusammenfassung heisst es: «Auf der Suche nach sicheren Geldanlagen folgen Privatanleger dem Beispiel finanzkräftiger Investoren und kaufen Wohnobjekte, um diese zu vermieten (Buy to let). Dank tiefer Hypothekarzinsen können die Anleger damit ansehnliche Renditen erzielen. Seit Ausbruch der Finanzkrise hat der Anteil solcher Buy-to-let-Finanzierungen bei Hypotheken-Neuabschlüssen auf 17 Prozent zugenommen. Mit anderen Worten: Jede sechste Eigentumswohnung wird von privaten Investoren zwecks Vermietung gekauft.»
Wie ansehnlich die Renditen sind, die man mit Buy to let erzielen kann, zeigen etwa die Angebote des Portals Crowdhouse. Es vermittelt Beteiligungen ab 100'000 Franken an mehreren Dutzend Wohnimmobilien und stellt eine durchschnittliche Rendite von 6,1 Prozent in Aussicht. Ähnlich gut rentieren offenbar auch Schweizer Wohnimmobilienfonds. Die von Schroders sollen in den letzten fünf Jahren im Schnitt eine Anlagerendite von 5,7 Prozent abgeworfen haben. Dabei dürfte ein Prozentpunkt auf Kurssteigerungen zurückzuführen sein.
31'200 Franken Zinskosten
Doch was für den Anleger rentabel ist, wird für den Mieter entsprechend teuer. Angenommen Crowdhouse kauft die erwähnte 4,5-Zimmerwohnung für 1,8 Millionen und finanziert sie zu zwei Dritteln mit Hypotheken zu 0,6 Prozent und zu einem Drittel mit Eigenkapital. Wenn diese 600'000 Franken 4 Prozent Rendite abwerfen soll, muss Crowdhouse insgesamt 31'200 Franken Zinskosten (7200 Franken für das Fremd- und 24'000 Franken für das Eigenkapital) auf die Mieter überwälzen. Das sind 2600 Franken monatlich oder 1700 Franken mehr als im Falle eines Kaufs.
Das sich dennoch die meisten Wohnungssuchenden gegen einen Kauf entscheiden, ist keine Frage der mangelnden Intelligenz, sondern die Folge einer unintelligenten Regulierung. Auf Druck der Nationalbank dürfen die Banken Hypothekarkredite nur gewähren, wenn der Schuldner einen Drittel des Kaufpreises (in unserem Beispiel 600'000 Franken) als Eigenkapital aufbringen kann, und wenn er für die Hypothek auch 5 Prozent bezahlen könnte. In unserem Fall würde dies ein Jahreseinkommen von 180'000 Franken erfordern. An dieser Hürde der Kreditwürdigkeit scheitern laut einer Studie der ZKB gut 90 Prozent der Haushalte.
Mit Erlös neue Wohnanteile kaufen
Diese Vorschrift erfüllt vielleicht den angestrebten Zweck, Bankenpleiten vorzubeugen. Aber sie hat die Nebenwirkung, dass sie die Ungleichheit massiv verschärft. Wer kaufen kann, statt mieten zu müssen, spart in unserem Beispiel monatlich 1700 Franken. Wer kreditwürdig genug ist, um darüber hinaus noch eine oder mehrere Wohnungen zu kaufen und zu vermieten (Buy to let), kassiert pro Mieter weitere 1700 Franken – nimmt diesen also gut einen Viertel des durchschnittlichen Einkommens ab. Mit dem Erlös wiederum können die Investoren – wohin sonst mit dem Geld? – noch mehr Wohnanteile kaufen und so die Preise weiter in die Höhe treiben. Bis ihnen die Mieter davon laufen.
Die erwähnte Studie der Credit Suisse spricht dieses Problem an: «Auf der Suche nach sicheren Anlagen fokussieren die Investoren auf Immobilien an guten – sprich urbanen – Lagen. Das Preisgefälle zum Umland weitet sich daher aus und sorgt dafür, dass Wohn- und Arbeitsort immer öfter und immer weiter auseinander liegen. Täglich wiederholt sich somit das Schauspiel einer kleinen Völkerwanderung; mittlerweile verlassen mehr als drei Millionen Pendler täglich ihre Wohngemeinde, um zur Arbeit oder in eine Ausbildungsstätte zu gelangen. Pro Weg sind die Pendler im Durchschnitt über eine halbe Stunde unterwegs.»
Pendler sorgen für Entspannung
Für die Ökonomen der CS sind diese Pendlerströme aber offenbar nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung. Denn: «Die mobilen Pendler entlasten damit die angespannten Wohnungsmärkte der Grosszentren und fördern die Wohnungsabsorption in der Agglomeration.» Weshalb auch dort weiter tendenziell steigende Preise zu erwarten seien.
Investor müsste man sein.
Aber das Gesetz wird nicht eingehalten. Das Bundesgericht hat eine angemessene Rendite definiert: 0,5 Prozent über dem Referenzzinssatz. Aktuell wären das 2 Prozent. In der Realität sind es aber oft 6 Prozent, manchmal noch mehr. Immobilienfirmen scheuen sich nicht mal, mit solchen Zahlen für sich zu werben.
Die meisten Banken oder Versicherungen verwenden jedoch einen kalkulatorischen Zinssatz zwischen 4,5 bis 6 Prozent. Manche Finanzinstitute erheben für die 2. Hypothek einen zusätzlichen Zinsaufschlag von 0,5 bis 1,5 Prozent auf dem entsprechenden Basiszinssatz.
Finanziert die Bank mehr als zwei Drittel des Kaufpreises der Liegenschaft, kommt man auf einen Hypothekarbetrag von über 66 Prozent. In einem solchen Fall benötigt der Kreditnehmer eine 2. Hypothek. Die 2. Hypothek muss bei allen Finanzinstituten innerhalb von maximal 15 Jahren amortisiert werden.
Diese nennt man Unterhalts- und Nebenkosten. Als Faustregel gilt: 1 Prozent vom Verkehrswert der Liegenschaft muss jährlich für diese Kostenstelle reserviert werden. Von den 1 Prozent sind 0,4 Prozent für den Unterhalt und 0,6 Prozent für die Nebenkosten zu budgetieren.