Die einen lecken die Wunden, die anderen gehen auf Distanz. Die gescheiterte Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPC durch Sunrise hat die Positionen im Schweizer Telekommarkt zementiert.
Swisscom dominiert den Markt komfortabel, Sunrise hat einen leichten Reputationsschaden erlitten, will alleine weitermachen und bleibt damit die zwar die agile, aber auch kleine Nummer zwei im hiesigen Markt. Derweil bemüht sich Salt nach Kräften, die grosse Lücke zum Führungsduo zu schliessen. Ein weiter Weg.
Gleichwohl, zur Tagesordnung wird der Telekommarkt so schnell nicht übergehen. Denn gerade die UPC, deren operatives Geschäft lahmt, bleibt eine Übernahmekandidatin. Liberty Global hat das Interesse am Schweizer Geschäft verloren und will UPC endlich loswerden.
Wer springt in die Bresche?
Marktinsider sprechen von einer vergebenen Chance. «Letztlich ist der Deal an Sunrise-Präsident Peter Kurer, dem zum hohen Preis und Freenet gescheitert», sagt ein Management-Mitglied eines grossen Schweizer Telekom-Anbieters.
Die Führungskraft spricht davon, dass der Deal aus Marktsicht durchaus Sinn ergeben hätte. Doch die Schlammschlacht zwischen Freenet-Chef Christoph Vilanek (51) und Sunrise-Präsident Peter Kurer (70) habe vieles verunmöglicht.
Bleibt die Frage, wer in die Bresche springen könnte. Vielleicht die britische Vodafone? Gegenüber BLICK will Vodafone keine konkrete Aussagen machen, ob UPC ein interessanter Kauf wäre.
Die UPC passt jedoch ohnehin nicht in die Strategie des Unternehmens – obwohl dieses seit Jahren Kabelnetzbetreiber auf dem europäischen Festland zusammenkauft. Denn Vodafone kauft nur dort, wo es bereits selbst auf dem mobilen Markt aktiv ist. Das ist in der Schweiz nicht der Fall.
Salt winkt ab
Bleibt Salt: Dass der französische Eigner Xavier Niel (52) das Wachstum des jüngsten Telekomanbieters in der Schweiz beschleunigen will, ist kein Geheimnis. Doch einen Kabelnetzbetreiber mit derart hohen Infrastrukturkosten könnte Salt nie und nimmer stemmen.
Salt-Chef Pascal Grieder (42) sagt auf Anfrage von BLICK: «Wir haben alles, was es für den Erfolg braucht und konzentrieren uns weiterhin darauf, unseren Kunden die besten Produkte zum besten Preis zu bieten.» Man wolle «organisch wachsen».
Zukäufe seien im Moment kein Thema, so Grieder. Doch in den Sätzen des ehemaligen McKinsey-Manns schwingt auch immer die Nachricht mit: «Sag niemals nie!»
Es könnte auch alles ganz anders kommen: Derzeit schiessen Spekulationen ins Kraut, dass der Deal, der von Sunrise-Chef Olaf Swantee (53) für tot erklärt wurde, doch noch stattfinden könnte.
Wer, was, wo?
Mike Fries (56), Chef des UPC-Eigners Liberty Global, sagte gegenüber der «Financial Times», dass der Deal wieder zum Leben erweckt werden könnte. Niemand könne dessen «industrielle Logik» bestreiten. Eine klare Ansage an Sunrise-Grossaktionärin Freenet, die den Deal torpedierte.
Doch die Idee, dass sich Freenet in irgendeiner Art und Weise doch noch für den Deal erwärmen könnte, gehört wohl eher ins Reich der Träume.
Im Gespräch mit BLICK gab sich Freenet-Chef Vilanek «hoch erfreut», dass der Deal scheiterte und ging mit Sunrise-Präsident Kurer hart ins Gericht: «Aus unserer Sicht hat er (Kurer, die Red.) dem Unternehmen möglicherweise Schaden zugefügt. Er sollte daraus selbst die Konsequenzen ziehen!»
Mit anderen Worten: Vilanek würde Kurer kaum eine Träne nachweinen. Würde ein Abgang des Sunrise-Präsidenten den Deal wiederbeleben? Auch das ein unwahrscheinliches Szenario. Nachverhandlungen sind fast gänzlich ausgeschlossen.
Der letzte Ausweg
Ein andere Variante, und damit die letzte, bringt die «Bilanz» heute wieder ins Spiel: Dass der UPC-Eigner Liberty Global Grossaktionärin Freenet bei Sunrise rauskauft. Vilanek hält 25 Prozent an Sunrise. Wenn der Preis stimme, ist Freenet laut Vilanek offen für einen Verkauf. Ein Übernahme würde dadurch wieder realistischer.
Klar ist: Hinter den Kulissen wird derzeit heftig gefeilscht, gepokert und gestritten. Für die Unternehmen ist das kein gutes Zeichen. Und was sagt UPC? «Kein Kommentar.»