Wer in einem Restaurant isst, der geht davon aus, dass die wichtigsten Hygiene- und Frische-Standards eingehalten werden. Was sich in Schweizer Küchen abspielt, bleibt den Gästen allerdings meistens verborgen.
Jährlich finden tausende Kontrollen statt. Die Ergebnisse sind aber streng geheim. So hat es das Parlament mit dem neuen Lebensmittelgesetz beschlossen. Nun zeigen Recherchen der «SonntagsZeitung», dass die Inspektoren teils schwere Mängel vorfinden.
Gesundheit der Kunden gefährdet
Das Blatt hatte Einsicht in über 270 Strafentscheide. Sie zeigen, wie einzelne Beizer verschimmelte Lebensmittel lagern, mit schmutzigen Geräten arbeiten. Oder Esswaren verkaufen, die so stark verunreinigt sind, dass die Gesundheit der Kunden gefährdet ist.
Die Lebensmittelinspektoren dokumentieren Missstände, bei denen es einem schon beim Lesen den Magen umdreht. «Mehrere Kilogramm Fleischwaren grün angelaufen und übel riechend vorgefunden», rapportiert ein Kontrolleur zu einem Stadtzürcher Restaurant. Ein Berner Kollege meldet: «Fleischabfälle werden zusammen mit Lebensmitteln gelagert, welche zur Abgabe bestimmt sind.»
«Die ganze Küche war mit Fliegen belegt»
Nicht nur in schäbigen Beizen wird unsauber gearbeitet, sondern auch in vermeintlichen Edelrestaurants. «Die ganze Küche war mit Fliegen belegt, das Buffet in einem desolaten Zustand», schreibt die Aargauer Staatsanwaltschaft nach der Kontrolle bei einem noblem Italiener. Damit nicht genug: «In der kalten Küche war der Griff des Wasserhahns defekt. Eine Hygienische Reinigung der Hände war nicht mehr möglich.»
Was sind die Gründe dieser unhaltbaren Zustände? Experten kritisieren die vielen Wechsel in der Branche. Dem Personal mangle es an guter Ausbildung, weil verschiedene Kantone heute kein Wirtepatent mehr voraussetzen. Was laut der «SonntagsZeitung» eine mögliche Erklärung ist für den deutlichen Anstieg der Anzeigen ist.
Schwarze Schafe beim Namen nennen
So zeigen neue Daten des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit (BLV): 789 Wirte wurden im Jahr 2018 wegen Verstössen gegen das Lebensmittelgesetz verzeigt. In Vorjahren waren es viel weniger.
BLV-Vizedirektor Michael Beer kündigt nun «vertiefte Abklärungen in den Kantonen» an. Dass die Täter geheim bleiben, finde er schade. «Es geht um wenige Schwarze Schafe. Wenn man diese nicht beim Namen nennt, dann herrscht stattdessen ein Generalverdacht gegenüber allen Gastronomen.» (pbe)