Alleinerziehende Väter mit Kindern unter 18 Jahren gibt es heute um die Hälfte mehr als vor zehn Jahren. Auch wenn sie nach einer Trennung der Eltern noch immer die Ausnahmen sind. BLICK besuchte Tiziano Snozzi (48), der seinen Sohn Lion (12) und die Tochter Nayla (9) allein erzieht. Er hat die Organisation gemeistert, auch weil sein Arbeitgeber, die Gemeinde, ihm Arbeit im Home Office ermöglicht. Hier hapert es noch immer, sagt Markus Gygli vom Männer-Dachverband.
BLICK: In der Schweiz lebt nach einer Trennung der Eltern immer noch der grösste Teil der Kinder bei der Mutter. Woran liegt das?
Markus Gygli: Väter erhalten bis heute keinen Vaterschaftsurlaub, der ihnen ab der Geburt des Kindes die gleichen Chancen auf vergleichbar viel Zeit für den Nachwuchs gibt. Zudem werden Mütter, die nicht bei ihrem Nachwuchs bleiben wollen oder können, geächtet. Das führt dazu, dass sich Paare noch immer in einem traditionellen Rollenmodell organisieren. Nach der Trennung akzentuiert sich diese Ungleichheit.
Welchen Einfluss hat die berufliche Situation?
Väter, denen traditionell die Ernährerrolle zugeschrieben wird, haben Angst, sich die Karrierechancen zu verbauen, wenn sie ihr Arbeitspensum zugunsten der Kindesbetreuung reduzieren. Hier muss ein Umdenken stattfinden.
Seit 2014 gilt bei einer Trennung die gemeinsame elterliche Sorge. Was hat sich seither für die Väter getan?
Sowohl das revidierte Unterhalts- als auch das Sorgerecht sehen heute weitestgehend gleiche Regeln für Väter und Mütter vor. Gerichte sind verpflichtet, die geteilte Obhut durchzusetzen – in bestimmten Fällen sogar gegen den Willen eines Elternteils.
Wer trägt die grössere finanzielle Last?
Der Unterhalt orientiert sich neu am Aufwand für die Kindesbetreuung. Alimente für den Lebensunterhalt der Ex-Partnerin sind viel seltener geschuldet. Zudem muss der Elternteil, der für die Kinder sorgt, heute schneller für ein Einkommen sorgen.
Wie können sich Väter auf eine Trennung vorbereiten?
Wir raten den Vätern, unmittelbar nach der Geburt des Kindes feste Betreuungszeiten zu übernehmen. Mit allen Konsequenzen, wie etwa der Reduktion des Arbeitspensums. Im Privaten heisst dies nicht selten auch, gegen Vorurteile und Spott anzukämpfen.
Was muss geschehen, damit Mütter und Väter endlich gleichberechtigt sind?
Mütter und Väter brauchen endlich die gleichen Startbedingungen. Die Elternzeit muss gleichmässig verteilt sein. Es ist erwiesen, dass sich Männer, die sich in der wichtigen Anfangszeit schon engagieren, wichtige Kompetenzen für die Betreuung aneignen. Ausserdem wird die Mutterschaftsstrafe mit einer ausgewogenen Elternzeit abgeschafft, weil die Familiengründung für Väter und Mütter so eine gleich lange Abwesenheit vom Arbeitsmarkt bedeutet.