Auf einen Blick
- Davos-Teilnehmer gelassen zu Trump, Europäer besser vorbereitet auf mögliche Herausforderungen
- Scaramucci warnt vor Gefahren bei Umsetzung von Trumps Ankündigungen
- Trump hat laut Bremmer heute viel mehr Macht als in erster Amtszeit
Davos ist eine Welt für sich. Während die Rede von Donald Trump (78) zu seiner Amtseinsetzung viele Menschen und Medien in Europa aufgerüttelt hat, geben sich die Entscheidungsträger am WEF ziemlich entspannt. «Ist Trump nun gut oder schlecht für die Welt?», fragt sich Top-Headhunter Bjørn Johansson (74) im Gespräch mit Blick. Die Antwort gibt er gleich selbst: «Das wissen wir erst in zwei Jahren.»
Den Ball spielt er in den Garten der Europäer: «Die Europäer sind dieses Mal besser vorbereitet, aber können sie auch schnell und richtig auf Trump reagieren?» Dazu fehle es in Europa im Moment an starken politischen Führungspersönlichkeiten, so Johansson.
Andere Schweizer Topmanager hatten noch gar keine Zeit, sich mit Trump 2.0 zu beschäftigen und hatten offenbar Wichtigeres zu tun als sich mit dem mächtigsten Mann der Welt auseinanderzusetzen.
Imperialismus schadet allen
Genau das aber tut Anthony Scaramucci (61) seit Jahren mit Leidenschaft. Der Italo-Amerikaner hat mit Trump vor seiner ersten Wahl neun Monate lang als enger Vertrauter Wahlkampf geführt. Zur Belohnung wurde er Sprecher des Präsidenten – und nach 11 Tagen wieder gefeuert.
Scaramucci warnt: «Wenn Trump nur 10 Prozent seiner Ankündigungen umsetzt, dann wird es sehr gefährlich. Das sage ich all meinen europäischen Freunden.» Die Rede Trumps sei sehr aggressiv gewesen. «Er hat sich angehört wie ein kolonialistischer und imperialistischer Diktator», so Scaramucci. Aber die Geschichte lehre uns, der Imperialismus habe keinem gutgetan, weder den unterdrückten Menschen noch den Imperialisten.
Andererseits gebe es durchaus Dinge, die er an der Rede geschätzt habe: Etwa die Äusserungen Trumps zur Deregulierung oder zum Krieg in der Ukraine. «Er war sehr offen und ehrlich, das hat mich schon beeindruckt», so Scaramucci.
Trump noch viel mächtiger
Noch viel gelassener gibt sich der US-Politologe und Risikoforscher Ian Bremmer (55): «An der Rede hat mich nur wenig überrascht. Er hat all dies schon in den letzten Wochen immer und immer wieder angekündigt. Erstaunt hat mich nur, wie viele Leute er wegen des Sturms auf das Capitol begnadigt hat.» 1600 Kapitol-Stürmer sind dank Trumps Gnade bald wieder auf freiem Fuss.
Es gebe allerdings einen grossen Unterschied zur ersten Amtszeit, so Bremmer: «Trump hat heute viel mehr Macht, um das durchzusetzen, was er will.» Das gelte innen- wie auch aussenpolitisch.
Auch Bremmer glaubt, dass auf Europa schwere Zeiten zukommen könnten: «Trump will einen Keil in die EU treiben. Er will nicht mit ganz Europa dealen, sondern nur mit einzelnen ausgesuchten Staaten.»
Gespannt darf man sein, welche rhetorischen Keulen Trump auspacken wird, wenn er sich am Donnerstag per Video an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des WEF wenden wird.