Ex-Raiffeisen-Chef sitzt seit gut drei Monaten in U-Haft
Würde Vincenz kooperieren, wäre er längst draussen

Kommt Pierin Vincenz bald frei? Die Staatsanwaltschaft Zürich schweigt, die Spekulationen allerdings gehen weiter. Zwei bekannte Verteidiger erklären, warum der Fall uns noch lange beschäftigen wird.
Publiziert: 04.06.2018 um 23:54 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:55 Uhr
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Seit gut drei Monaten sitzt Pierin Vincenz (62) in U-Haft. Dort feierte er in der Zwischenzeit gar seinen Geburtstag.
Foto: Philippe Rossier
Julia Fritsche

Drei Monate sitzt Pierin Vincenz (62) nun schon in Untersuchungshaft, weitere drei könnten es werden, nachdem der Haftrichter Mitte Mai die U-Haft des früheren Raiffeisen-Chefs verlängert hatte.

Vielleicht aber wandert Vincenz schon bald als freier Mann im heimatlichen Alpstein oder übt den perfekten Schlag auf dem Golfplatz. Denn in Zürcher Finanzkreisen mehren sich die Spekulationen, dass der U-Häftling bald freikommt. Und Medien von der «Aargauer Zeitung» bis zur «Bilanz» kritisieren die angeblich übermässig lange U-Haft.

Komplizierter Sachverhalt

Doch sind drei oder auch sechs Monate wirklich lange? Nein, sagen die Strafverteidiger Valentin Landmann (67) und Thomas Fingerhuth (54). «Eine solche Untersuchung dauert nun mal ihre Zeit», sagt Fingerhuth. «Es müssen wohl tonnenweise Dokumente gesichtet, reihenweise E-Mails durchforstet und etliche Leute befragt werden.» Zudem sei der Sachverhalt kompliziert und die Kapazität der Staatsanwaltschaft begrenzt. Er vermutet, dass vier Ermittler auf den Fall angesetzt sind.

Früher sei die U-Haft bei Wirtschafts-Straffällen eher kurz ausgefallen. Das habe sich in letzter Zeit verändert. «Wir haben heute keine Zwei-Klassen-Gesellschaft mehr», sagt Fingerhuth. Vincenz bekommt dies nun zu spüren.

Trotzdem, meint Fingerhuth, könnte der frühere Top-Manager bereits draussen sein. «Wenn ein U-Häftling nichts sagt, dann dauert es länger», erklärt er. Heisst also: Würde Vincenz mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten und alles auf den Tisch legen, wäre er längst draussen. Sein Anwalt Lorenz Erni (68) ist aber bekannt dafür, dass er seinen Mandanten striktes Schweigen verordnet.

Der Fall Vincenz wird die Justiz noch Jahre auf Trab halten

Auch Valentin Landmann ist nicht erstaunt über die Dauer der U-Haft. Ihn wundert vielmehr, was dem U-Häftling vorgeworfen wird: «Was wir bisher wissen, ist zwar unschön, strafbar aber nicht.» Denn die Insider-Strafnorm gilt nur für börsenkotierte Unternehmen. So lange keine Anklage vorliegt, bleibt offen, wo die Staatsanwaltschaft den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung festmacht.

Auch wenn der Ex-Raiffeisen-Chef aus der U-Haft entlassen wird, wird sein Fall die Justiz noch jahrelang auf Trab halten. «Im Zweifel kommt es zur Anklage, alleine das kann aber x-Monate dauern», sagt Landmann. Welche Auflagen, im Fachjargon Ersatzmassnahmen, Vincenz bis dann einhalten müsste, könne man nicht wissen.

Vincenz soll bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und von Raiffeisen ein Doppelspiel gespielt und sich persönlich bereichert haben. Als Kompagnon fungierte der ebenfalls inhaftierte Ex-Aduno-Chef Beat Stocker (58). Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

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