Ex-Raiffeisen-Chef muss sich immer noch an Auflagen halten
Ein freier Mann ist Vincenz noch lange nicht

Pierin Vincenz ist nach 106 Tagen in Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuss. Doch das Verfahren gegen den Ex-Raiffeisen-Chef geht weiter. Daher muss sich Vincenz auch an Auflagen halten.
Publiziert: 13.06.2018 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:35 Uhr
Pierin Vincenz wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, ganz frei ist er aber nicht. Das zuständige Gericht hat nämlich Ersatzmassnahmen verhängt. (Archivbild)
Foto: GIAN EHRENZELLER
Julia Fritsche

Seit Dienstag ist Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (62) wieder auf freiem Fuss. Ebenso sein Kompagnon Beat Stocker (58). Nach 106 Tagen U-Haft! Gemeinsam mit seiner Frau Nadja Ceregato (48) befindet sich Vincenz nun an einem geheimen Ort, wo er sich erholen will.

Völlig frei kann er sich aber nicht fühlen. Denn wie die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich in ihrer Medienmitteilung zur Haftentlassung schreibt, hat sie die «Beschuldigten unter Auflage verschiedener Ersatzmassnahmen» entlassen.

Sogenannte Ersatzmassnahmen sind Auflagen, die Entlassene befolgen müssen. Tun sie dies nicht, kann das Gericht erneut U-Haft anordnen. Welche Auflagen Vincenz einhalten muss, ist weder von der Staatsanwaltschaft noch von seinem Sprecher in Erfahrung zu bringen.

Vincenz darf wohl reisen

Muss der frühere Raiffeisen-Boss jetzt Fussfesseln tragen? Äusserst unwahrscheinlich, denn Fluchtgefahr droht bei Vincenz kaum. Das glaubt auch der bekannte Strafverteidiger Thomas Fingerhuth (54). «Eine Fluchtgefahr würde ich in Vincenz’ Fall ausschliessen», sagt er zu BLICK. Es gebe daher eigentlich auch keinen Grund, Vincenz' Ausweise zu sperren oder von ihm eine Kaution zu verlangen. Damit fallen zwei der Massnahmen weg, die das Gesetz vorsieht.

Denkbar ist laut Fingerhuth aber ein Kontaktverbot. «Das würde bedeuten, dass Vincenz nicht mit gewissen Personen, die ins Verfahren involviert sind, in Kontakt treten darf.» Anwalt Valentin Landmann (67) hält dies ebenfalls für möglich. «Das Verbot dürfte für Vincenz' Mitbeschuldigten Beat Stocker gelten», glaubt er. Vielleicht für weitere Personen.

Zweifel an dieser Massnahme hat ein Wirtschaftsanwalt. «Ein solches Kontaktverbot ist zwar theoretisch vorstellbar, praktisch lässt es sich aber nicht durchsetzen», sagt der Experte gegenüber BLICK.

Bereit sein für mehr Befragungen

«Möglicherweise wurde auch eine Meldepflicht vereinbart», so Fingerhuth. Normalerweise müssten sich Personen dann regelmässig bei der zuständigen Behörde melden. Das könne zum Beispiel einmal die Woche sein. Ob persönlich oder nur per Telefon, sei von Fall zu Fall verschieden.

Ob Meldepflicht oder nicht, Vincenz muss sich für weitere Befragungen bereithalten. «Das gilt für jeden, der in einem Verfahren ist», erklärt Landmann. Und dieses dauert an, bis es zur Anklage kommt oder der Fall geschlossen wird. 

Wie steht es um Vincenz' Zugang zu seinen Konten? Anfang März bestätigte sein Sprecher, dass diese gesperrt wurden. Nun wollte er sich dazu nicht mehr äussern. Es ist aber wahrscheinlich, dass der Freigelassene wenigstens wieder auf gewisse Gelder zugreifen kann. 

Für Vincenz und auch für seinen Mitbeschuldigten, den früheren Aduno-Chef Stocker, gilt die Unschuldsvermutung.

Die Erklärung im Wortlaut

«Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, wünsche ich niemandem. Es geht mir den Umständen entsprechend gut und ich danke allen, die in dieser schwierigen Zeit zu mir stehen und mich unterstützen. Die Eröffnung des Strafverfahrens kam für mich völlig überraschend. Die Untersuchungshaft war aus meiner Sicht unnötig und ihre Länge völlig unverhältnismässig. Die Themenkreise des Verfahrens liegen Jahre zurück und sind bestens dokumentiert. Die im Rahmen des Strafverfahrens gegen mich erhobenen Vorwürfe bestreite ich nach wie vor und ich werde mich mit allen Mitteln dagegen wehren.»

«Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, wünsche ich niemandem. Es geht mir den Umständen entsprechend gut und ich danke allen, die in dieser schwierigen Zeit zu mir stehen und mich unterstützen. Die Eröffnung des Strafverfahrens kam für mich völlig überraschend. Die Untersuchungshaft war aus meiner Sicht unnötig und ihre Länge völlig unverhältnismässig. Die Themenkreise des Verfahrens liegen Jahre zurück und sind bestens dokumentiert. Die im Rahmen des Strafverfahrens gegen mich erhobenen Vorwürfe bestreite ich nach wie vor und ich werde mich mit allen Mitteln dagegen wehren.»

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