«Die Dinge laufen in die richtige Richtung», sagte Österreich Kanzler Sebastian Kurz am Samstag. Wann ein echter Durchbruch gelingen könnte, wollte er aber nicht voraussagen.
Es geht um ein Finanz- und Krisenpaket von gut 1,8 Billionen Euro: ein schuldenfinanziertes Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Corona-Krise im Umfang von 750 Milliarden Euro und den neuen siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen im Umfang von mehr als 1000 Milliarden Euro.
Damit will sich die EU gemeinsam gegen die dramatische Rezession stemmen. Doch hatten sich am ersten Gipfeltag am Freitag die Verhandlungen der 27 Staaten völlig verhakt.
Am Samstagvormittag veröffentlichte Michel einen Kompromissvorschlag, den er vorher unter anderem mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beraten hatte. Damit ging Michel unter anderem auf Forderungen des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte ein.
Die Niederlande reagierten nach Angaben von Diplomaten positiv, ebenso wie andere Staaten. Aber: «Wir haben es noch nicht geschafft», erklärte ein EU-Vertreter. Den ganzen Nachmittag über liefen Einzelgespräche in kleinen Runden.
Auch bei Michels geändertem Vorschlag bliebe es bei 750 Milliarden Euro Hilfsgeldern. Doch würden nicht 500 Milliarden, sondern nur 450 Milliarden Euro als Zuschuss an EU-Staaten vergeben und dafür 300 Milliarden Euro statt 250 Milliarden als Kredit. Das ist ein Zugeständnis an die sogenannten Sparsamen Vier - die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark -, die grundsätzliche Bedenken gegen Zuschüsse haben.
Speziell auf die Niederlande zugeschnitten ist ein weiterer Punkt: ein neuer Mechanismus zur Kontrollen der Auszahlung von Hilfsgeldern, genannt die «Super-Notbremse». Rutte hatte verlangt, dass Empfänger von EU-Hilfen Reformen nicht nur zusagen, sondern sie bereits vor der Auszahlung umsetzen müssen. Dabei wollte Rutte jedem Land ein Vetorecht geben.
Nun lautet die Idee: Ein oder mehrere Mitgliedstaaten können bei Zweifeln oder Unzufriedenheit mit dem Reformstand den EU-Ratschef einschalten. Dieser beauftragt dann den Europäischen Rat oder den Rat der Wirtschafts- und Finanzminister mit Prüfung. Auf diese Weise könnte die Auszahlung bis zu einer «zufriedenstellenden Befassung» zeitweise aufgehalten werden, heisst es in einem Papier Michels.
Darauf reagierte die niederländische Regierung positiv. Ein Diplomat sprach von einem ernsthaften Schritt in die richtige Richtung. Es sei allerdings unklar, ob der neue Vorschlag wirklich das geforderte volle Vetorecht bedeute. Zudem handle es sich um ein Paket, und darin seien noch viele Fragen zu klären.
Tatsächlich sind die Verhandlungen auch deshalb so kompliziert, weil das neue Corona-Programm, das über Schulden finanziert werden soll, im Paket mit dem nächsten siebenjährigen Finanzrahmen verhandelt wird, der sich weitgehend aus Beitragszahlungen der Länder speist. Die Wünsche einzelner Länder werden dabei teils verquickt.
(SDA)