Seine Firma feiert den «Freispruch»
Stephan Schmidheinys Strafe im Asbest-Prozess halbiert

Im Asbest-Prozess in Italien kommt Stephan Schmidheiny mit einer Strafmilderung davon. Das Berufungsgericht in Turin reduzierte die Strafe auf ein Jahr und acht Monate wegen des Todes eines Arbeiters in einer Fabrik im Piemont. Die Firma feiert das als «Freispruch».
Publiziert: 16.02.2023 um 14:26 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2023 um 16:39 Uhr

Stephan Schmidheiny kommt im Asbest-Prozess in Italien mit einer Strafmilderung davon. Das Berufungsgericht in Turin reduzierte die Strafe auf ein Jahr und acht Monate wegen des Todes eines Arbeiters im Zusammenhang mit Asbest in einer ehemaligen Schmidheiny-Fabrik im Piemont. Schmidheinys Verteidigung will Berufung einlegen.

Der Schweizer Industrielle war im Mai 2019 in Turin erstinstanzlich der fahrlässigen Tötung von zwei Personen schuldig gesprochen und zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Laut Anklage stehen die beiden Todesfälle im Zusammenhang mit einer von der Eternit S.p.A. in Cavagnolo betriebenen Asbestzement-Fabrik, die 1982 geschlossen worden war. Asbestfasern können schwere Lungenerkrankungen auslösen.

Konkret wurde der Fall eines verstorbenen Angestellten des Unternehmens Eternit Italia S.p.A. und einer Anwohnerin verhandelt. Der Mann arbeitete in der Fabrik in Cavagnolo bei Turin, die Frau wohnte in der Nähe. Der Mann starb an Asbestose, der von Asbest verursachten Staublungenkrankheit. Die Frau erlag einem Lungenkrebs.

Die Sprecherin von Schmidheiny sieht in einer Mitteilung den Turiner Gerichtsentscheid als «entscheidenden Freispruch» vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung der Anwohnerin der Eternit-Fabrik von Cavagnolo. Dennoch werde die Verteidigung Rekurs gegen die Verurteilung einlegen, hiess es in der Mitteilung vom Donnerstag. Man werde vor dem obersten italienischen Gericht für den vollumfänglichen Freispruch von Stephan Schmidheiny kämpfen.

Ein weiterer Prozess, der von 2009 bis 2014 dauerte, hatte mit einem Freispruch für Schmidheiny geendet. Und im Mai 2018 schliesslich wies das oberste Gericht Italiens, der Kassationsgerichtshof in Rom, den Vorwurf vorsätzlichen Handelns als rechtlich unhaltbar zurück.

Die von Schmidheiny geleitete Gruppe Eternit SEG war von 1973 bis zur Pleite 1986 Grossaktionärin der Eternit Italia S.pA. Stephan ist der jüngere Bruder von Thomas Schmidheiny, des Grossaktionärs des Schweizer Zementherstellers Lafarge-Holcim.

Bereits 1906 hatte Alfredo Mazza in Genua die Eternit S.p.A. gegründet. Er erwarb damals eine Lizenz für die Produktion von Asbest-Zement vom österreichischen Eternit-Erfinder Ludwig Hatschek.

In Casale Monferrato im Piemont baute Mazza zunächst das Hauptwerk. Im Laufe der Jahre kamen weitere Eternit-Werke hinzu. 1952 schliesslich verkaufte die Familie Mazza ihre Gruppe an die belgische Eternit (später Etex), die Schweizerische Holding Amiantus AG und an die französische Eternit. Erst in den 1970er-Jahren wurden die Schmidheinys grösste Aktionäre.

Aber bereits in den 1930er Jahren war die Asbestose oder Asbest-Staublunge bekannt geworden. Wer Asbestfasern einatmet, muss zudem Lungenkrebs und Mesotheliom - ein Krebs des Brust- und Bauchfells - fürchten. Dies bewies ein Wissenschaftler Anfang der 1960er Jahre. Seither starben zehntausende Menschen an diesen Krankheiten. (pbe/SDA)

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