Deadline war eigentlich der 18. Juli: Microsoft will den Spiele-Konzern Activision Blizzard kaufen. Für 69 Milliarden US-Dollar! Die Übernahme hatte das Technologieunternehmen aus Redmond (USA) bereits Anfang vergangenen Jahres angekündigt. Danach folgte ein mehrmonatiger Kampf gegen die Kartellbehörden. Insbesondere die amerikanischen und britischen Kartellhüter stellen sich quer.
Jetzt ist klar: Der Mega-Deal verzögert sich massiv! Die US-amerikanische FTC scheiterte zwar vergangene Woche gleich doppelt vor dem Berufungsgericht. Die britische CMA blockiert den Deal jedoch bis heute. Sie hatte am Wochenende überraschend ihre Entscheidungsfrist vom 18. Juli auf den 29. August verschoben.
Bei einem Scheitern der Übernahme hätte Microsoft eine Vertragsstrafe von drei Milliarden Dollar an Activision Blizzard überweisen müssen. Beide Unternehmen wollen aber am Geschäft festhalten. Die Frist wurde daher gemeinsam bis Mitte Oktober verlängert. Zugleich steht Activision Blizzard jetzt eine höhere Abfindung von 3,5 Milliarden Dollar zu, wenn die Übernahme nach dem 29. August abgesagt werden sollte. Bei einem Scheitern nach dem 15. September erhöht sich der Betrag gar auf 4,5 Milliarden Dollar.
Grösste Unterhaltungsindustrie der Welt
Mit dem Kauf von Activision Blizzard zieht Microsoft grosse Fische an Land: etwa die milliardenschwere «Call of Duty»-Reihe oder das Onlinerollenspiel «World of Warcraft». Der versteckte Schatz und einer der Hauptgründe für die Übernahme ist jedoch das Mobilegame «Candy Crush Saga» mit rund einer Milliarde Spielerinnen und Spielern. Microsoft wird damit auf einen Schlag zum grossen Player auf dem Markt der Handygames.
Zudem gilt die Übernahme auch als Investition in das virtuelle Metaverse. Als der Deal Anfang 2022 angekündigt wurde, sagte Microsoft-CEO Satya Nadella (55), dass «das Gaming eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Metaverse-Plattformen darstelle». Die Rekordsumme für Activision Blizzard kann somit auch als Kampfansage in Richtung des Zuckerberg-Konzerns Meta gewertet werden.
Dabei geht es auch darum, den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren: Im Gamingmarkt steht der Xbox-Konzern Microsoft mit 16,3 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz im Schatten des Playstation-Herstellers Sony, der mit jährlich 28,3 Milliarden Dollar beinahe doppelt so viel einstreicht. Die Gamingindustrie ist der unbeachtete Riese der Unterhaltungsbranche: Mittlerweile generiert sie weltweit beinahe dreimal so viel Umsatz wie die Film- und Musikbranche zusammen.
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Kartellbehörden und Konkurrenz besorgt
Die Kartellbehörden in den USA und in Europa befürchten durch die Übernahme eine Monopolstellung. Denn Microsoft ist sowohl Konsolenhersteller, Spieleentwickler als auch Anbieter von Gaming-Abomodellen.
Im Zuge dessen legte etwa Konkurrent Sony vor amerikanischem Gericht offen, wie abhängig der japanische Konzern von den Einnahmen der «Call of Duty»-Spielereihe ist. Erst vergangenen Sonntag liess sich Sony beschwichtigen: Der Konzern unterzeichnete ein Abkommen mit Microsoft. Damit ist gesichert, dass der Ego-Shooter auch im kommenden Jahrzehnt auf der Playstation erscheinen wird. Mit anderen Konsolenanbietern, etwa mit Nintendo, schloss Microsoft bereits ähnliche Verträge ab.
Auch das sogenannte Cloud-Gaming spielt eine wichtige Rolle. Der Begriff beschreibt einen neuen Sektor, bei dem Spiele nicht mehr auf einer Konsole oder einem PC installiert, sondern direkt über das Internet gestreamt werden.
Nur Grossbritannien blockiert noch
In diesem noch sehr kleinen Markt ist Microsoft mit «Xcloud» die Nummer eins. Sowohl die europäischen Kartellbehörden, die US-amerikanische FTC als auch die britische Wettbewerbshüterin CMA sahen bei der Übernahme den freien Wettbewerb für Cloud-Gaming in Gefahr. Denn Microsofts grösster Konkurrent, Grafikkartenhersteller Nvidia, entwickelt selbst keine Spiele.
Die Wettbewerbsfähigkeit von Nvidias Cloud-Gaming-Plattform Geforce Now würde also weiter eingeschränkt, argumentieren die Kartellämter. Die EU gab erst grünes Licht, als Microsoft vertraglich zustimmte, seine Spiele für die kommenden zehn Jahre auch für Geforce Now sowie andere Cloud-Gaming-Anbieter verfügbar zu machen. Auch das amerikanische Berufungsgericht liess sich schliesslich von den Zugeständnissen überzeugen.
Dank Zugeständnissen ändert sich nur wenig
Auch wenn sich die Börse danach bereits für die Übernahme wappnete: Der Deal verzögert sich wegen der Briten. Um die CMA nun zufriedenzustellen, zeigte sich Microsoft einem Medienbericht zufolge etwa bereit, Teile des britischen Geschäfts mit Cloud-Gaming an andere Anbieter abzutreten.
Für die Konsumenten ändert sich aufgrund der vielen Zugeständnisse derweil nur wenig. Für Gamerinnen und Gamer bietet der Deal sogar einige unverhoffte Vorteile: So wird Microsofts Spiele-Abodienst Game Pass dank der Übernahme bald eine Menge Zuwachs erhalten. Und dank der Bedenken der Wettbewerbshüter wird sich auch das Angebot im Cloud-Gaming in den kommenden Monaten massiv erweitern.