Schweizer ETH-Ingenieur entwickelt WC der Zukunft
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Es macht aus Urin Dünger
Schweizer ETH-Ingenieur entwickelt WC der Zukunft

Unsere Fäkalien sind Rohstoffe, die wir aktuell einfach verschwenden – und dafür erst noch Ressourcen brauchen. Das Klo der Zukunft funktioniert hingegen wasserlos. Bastian Etter (38) forscht daran.
Publiziert: 07.07.2021 um 06:19 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2021 um 06:27 Uhr
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Umweltingenieur Bastian Etter hat bessere Lösungen für unser Abwasser gefunden, als unsere Kanalisation und Kläranlagen bieten.
Foto: STEFAN BOHRER
Silvia Tschui

Haben Sie heute schon gespült? Unsere Klos verbrauchen bei jedem Spülgang zwischen drei und zehn Liter Wasser – je nach Modell und je nachdem, ob man die Sparsam-Taste fürs kleine oder die grosse Taste fürs grosse Geschäft drückt. Durchschnittlich spülen wir jeden Tag 45 Liter Trinkwasser das Klo runter – auf die Schweizer Bevölkerung hochgerechnet sind das unglaubliche 382,5 Millionen Liter Trinkwasser. Im Klo. Pro Tag.

«Dabei sind die Tage der Schweiz als Wasserschloss Europas gezählt», sagt Bastian Etter (38). Der ETH-Umweltingenieur hat nach seinem Studium lange am Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs (Eawag) gearbeitet und weiss, was die Modelle der Klimaforscher für die Schweiz bedeuten: lang anhaltende Dürren im Sommer, wenig Schneefall im Winter. Bereits in den nächsten Jahren droht der Schweiz Wasserknappheit, trotz aktuellem Regenwetter.

Urin ist ein wertvoller Rohstoff

Etter hat in seinen Jahren an der Eawag ein Verfahren entwickelt, das beim Geschäft enorm viel Wasser spart. Wichtiger noch: Die Toilette trennt automatisch Urin ab. Das vom Sanitärhersteller Laufen und einem internationalen Designbüro mitentwickelte Klo sammelt so Nährstoffe und verwandelt sie in Dünger.

In den Büros der Eawag, wo das System seit längerem in Betrieb ist, kommt Pipi von rund 260 Menschen pro Tag zusammen. Mittels eines dreistufigen Verfahrens, das bakteriell den Stickstoff im Urin so stabilisiert, dass er nicht mehr stinkt, mechanisch Medikamentenreste und Hormone herausfiltert und schliesslich mittels Verdampfung die Nährstoffe konzentriert, stellt er daraus den geruchlosen Dünger Aurin her.

Der Dünger wird bereits in diversen kleineren Läden vertrieben, Gespräche mit Grossverteilern laufen. Einige geplante Neubausiedlungen in Genf, Lausanne und Freiburg werden ab nächstem Jahr mit den speziellen Klos und der entsprechenden Anlage ausgestattet.

Die Zukunft liegt beim wasserlosen Klo

Für Etter ist diese revolutionäre Idee nur eine Zwischenstufe. «Unser Abwassersystem und unsere Kläranlagen sind eine massive Ressourcenverschwendung und zudem ineffizient», sagt er. «Sie verbrauchen Unmengen an Wasser und Energie. Ein grosser Teil der Nährstoffe im Abwasser geht verloren. Und ungefähr die Hälfte des Stickstoffes landet schweizweit gesehen trotz modernster Anlagen im Meer – und lässt dort tote Zonen entstehen.»

Etters Vision von der Kanalisation der Zukunft funktioniert fast gänzlich wasserfrei und dezentral, kommt also ohne grosse Kläranlagen aus. Zur Umsetzung dieser Idee hat Etter vor fünf Jahren seine eigene Firma Vuna gegründet – und setzt hierfür ein weiteres revolutionäres Klomodell ein.

Dieses funktioniert nahezu wasserlos. Die Idee der Urin- und Fäkalientrennung hat er beibehalten, anstelle einer Wasserspülung schiebt aber ein Förderband den Kot in einen eigenen Behälter. Stinken tut nichts. Sämtliche Nährstoffe werden an Ort und Stelle rezykliert.

Pflanzen, Bakterien und Würmer statt Kläranlagen

Und so funktioniert es konkret: Urin fliesst in einen separaten Behälter und schliesslich weiter in eine zweiteilige Pflanzenkläranlage von ungefähr zwei Quadratmetern Grösse für einen kleinen Haushalt. Die Pflanzen und Bakterien ziehen die Nährstoffe aus dem Wasser, ein weiterer Schritt entfernt mittels Aktivkohle Hormone und Medikamentenrückstände. Das so entstandene Klärwasser kann zum Bewässern benutzt werden. Der abgetrennte Kot kommt in einen Wurmkomposter. Im Laufe von zwei Jahren entsteht so geruchsfreie, allerbeste Gartenerde.

Dass das System bestens funktioniert, zeigen bereits installierte Anlagen in Neubausiedlungen, etwa in Genf – und in diversen Berghütten. Den richtig grossen Durchbruch hat Etters Klo aber noch nicht geschafft. Doch der Entwickler ist zuversichtlich: «Wenn auch bei uns das Wasser teurer wird, wie das in Frankreich bereits geschieht, stehen wir mit unserer Lösung längst bereit», sagt Etter – und bedauert nur, dass nicht jetzt schon häufiger vorausschauend gebaut wird.

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