Es gibt fast 70 verschiedene Sorten – und neue kommen dazu
Label-Wirrwarr bei der Milch

Heidi, Demeter, Bio und Co. – beim Milchkauf stehen Konsumenten vor einer grossen Auswahl. Wofür sie konkret einen Aufpreis bezahlen, ist jedoch den wenigsten klar.
Publiziert: 03.05.2019 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2019 um 09:36 Uhr
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Am Anfang ist die Kuh. Doch im Laden wird die Milch unter diversen Labels und Marken verkauft.
Foto: Keystone
Julia Fritsche
Julia FritscheWirtschafts-Redaktorin

Im Glas ist die Milch immer gleich: weiss. Doch Milch ist nicht gleich Milch. Längst muss man beim Einkaufen mehr kennen als nur den Unterschied zwischen Voll- und Drinkmilch. Denn das Kühlregal ist ein Label- und Marken-Dschungel.

Da steht bei Coop die Heumilch zwischen der konventionellen Past-Vollmilch und Demeter-Milch. Oder bei Migros die Biomilch bei der Heidi-Milch. Aber auch Volg, Aldi und Lidl bieten Milchvielfalt. Fast 70 Labels buhlen um die Gunst der Kunden. Die Milch-Wahl wird zur Qual!

Der Kampf um die Milch ist hart. Denn seit Jahren sinkt der Milchkonsum, zuletzt 2018 um 2,5 Prozent. Immerhin stieg im vergangenen Jahr der Umsatz leicht. Der Grund: Der Durchschnittspreis im Detailhandel erhöhte sich gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft um 5 Rappen pro Liter.

Konsumenten stehen auf Mehrwert-Milch

Einen höheren Preis bezahlen Konsumenten für sogenannte Mehrwert-Milch. Bei Bio-, Demeter- oder Heidi-Milch müssen Produzenten Standards einhalten. Die Kunden müssen dafür tiefer ins Portemonnaie greifen. Wenn das Demeter-Label auf der Packung prangt, dann stammt die Milch von Kühen mit Hörnern. Die Tiere haben Auslauf und Weidegang, sie fressen hofeigenes Futter. Das spiegelt sich im Preis wider. 2.05 Franken kostet der Liter, 45 Rappen mehr als die herkömmliche Vollmilch.

10 Rappen Aufpreis sind für Heidi-Milch aus Berggebieten fällig. Nochmals 5 Rappen mehr kostet Pro-Montagna-Milch. Ein Teil des Verkaufspreises geht an Schweizer Bergbauernfamilien. Heumilch-Kühe bekommen kein Silo-Futter, sondern frisch gemähtes Gras oder Heu. Das ist 20 Rappen Aufpreis wert. Wenn Milch als «fair» bezeichnet wird, dann bedeutet das meist bessere Bezahlung für die Produzenten – und entsprechend höhere Preise für die Konsumenten.

Der Aufpreis schreckt offenbar nicht ab. «Bei Coop ist gut jeder dritte Liter Konsummilch eine Mehrwert-Milch», sagt eine Sprecherin.

Eine neue Milchsorte kommt im November bei der Migros Aare in die Kühlregale. Die A2-Urmilch soll der «ursprünglichen Milch entsprechen», so die Migros. Für A2-Milch braucht es separate Herden, deren Kühe eine spezielle Genetik haben. Dementsprechend enthält diese Milch auch nur A2-Milcheiweisse. Die Milch soll besonders verträglich sein. A2-Milch soll unter dem Label «Aus der Region. Für die Region» verkauft werden.

Kein Durchblick im Label-Salat

Der Label-, Marken- und Produktesalat bei der Milch wird also immer grösser. WWF-Sprecherin Corina Gyssler befürchtet: «Bei den Konsumenten führt ein Übermass an Labeln irgendwann zu Verwirrung.» Sie wüssten dann nicht mehr, welches Label für welchen Mehrwert stehe. 

Im Juni veröffentlicht der WWF einen Vergleich zu den Milch-Produktionsstandards. Dieser richtet sich aber an ein Fachpublikum. Bewertet werden inhaltliche Kriterien zu Umwelt, Tierwohl und Sozialem. Den Konsumenten bietet der WWF einen Lebensmittellabel-Ratgeber als Orientierungshilfe.

Mehr Geld für Öko-Milch

Auch hinter den Kulissen ist Nachhaltigkeit bei der Milch ein grosses Thema. Am Donnerstag haben sich die Delegierten der Branchenorganisation Milch BOM auf den Branchenstandard «Nachhaltige Milch» geeinigt. Wer zwölf Grundanforderungen erfüllt, erhält ab September bis zu 3 Rappen pro Kilo mehr für seine Milch.

Die Anforderungen beziehen sich hauptsächlich aufs Tierwohl und die Fütterung. Vorgeschrieben ist etwa, dass die Kühe Auslauf haben, keine trächtigen Kühe geschlachtet werden und die Fütterung 100 Prozent ohne Palmfett oder -öl auskommt.

Auch die Migros, die nicht Teil des Verbands ist, hat ihr Nachhaltigkeitsprogramm und zahlt ab 2019 einen Zuschlag. Coop dagegen ist Mitglied und befürwortet den neuen Standard. Sein eigenes Coop-Milchprogramm geht aber sogar noch weiter: Je nachdem, wie viele Zusatzanforderungen die Produzenten erfüllen, winken Zuschläge von mindestens 6 Rappen pro Liter.

Die «falsche» Milch

Soja, Mandel, Hafer, Reis, Hanf oder Cashew – zahlreiche Kuhmilch-Alternativen bieten sich den Konsumenten. Diese «Milch» darf seit einem Gerichtsurteil in der EU nicht als solche bezeichnet werden. Stattdessen heissen die Produkte auch hierzulande Mandeldrink oder Reisgetränk. Hauptsächlich bestehen die Getränke aus Wasser. Dazu kommen je nach Sorte etwa Reismehl oder Sojabohnen, Verdickungsmittel, Zucker, Salz, Vitamine und Öl. Die Produkte boomen. Die Auswahl in den Regalen der Detailhändler wird immer grösser. Coop ist etwa mit mehreren Produkten der Eigenmarke Karma gut vertreten. Aber auch Getränke-Multi Coca-Cola mischt mit seiner Marke AdeZ mit. Eine aktuelle Marktstudie geht davon aus, dass der pflanzliche «Milch-Markt» bis 2025 global auf 33 Milliarden Franken anwächst. Julia Fritsche

Soja, Mandel, Hafer, Reis, Hanf oder Cashew – zahlreiche Kuhmilch-Alternativen bieten sich den Konsumenten. Diese «Milch» darf seit einem Gerichtsurteil in der EU nicht als solche bezeichnet werden. Stattdessen heissen die Produkte auch hierzulande Mandeldrink oder Reisgetränk. Hauptsächlich bestehen die Getränke aus Wasser. Dazu kommen je nach Sorte etwa Reismehl oder Sojabohnen, Verdickungsmittel, Zucker, Salz, Vitamine und Öl. Die Produkte boomen. Die Auswahl in den Regalen der Detailhändler wird immer grösser. Coop ist etwa mit mehreren Produkten der Eigenmarke Karma gut vertreten. Aber auch Getränke-Multi Coca-Cola mischt mit seiner Marke AdeZ mit. Eine aktuelle Marktstudie geht davon aus, dass der pflanzliche «Milch-Markt» bis 2025 global auf 33 Milliarden Franken anwächst. Julia Fritsche

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