Sie gehören zu den ganz grossen Gewinnern des Hitzesommers: die Schweizer Bierbrauer. Sie konnten den Ausstoss im Braujahr 2017/18 um satte 3,9 Prozent steigern. «Vor allem in den Monaten April, Mai und Juli wurde deutlich mehr getrunken als in anderen Jahren», sagt Marcel Kreber (49), Direktor des Schweizerischen Brauerei-Verbands zu BLICK. Die Fussball-WM befeuerte den Absatz noch einmal.
Zum ersten Mal seit 2014 haben die Schweizer auch wieder mehr getrunken als im Vorjahr. Pro Kopf 55 Liter, 2017 waren es noch 54 Liter. Deutlich tiefer ins Bierglas geschaut haben die heimischen Beizengänger 1990/91. Damals flossen im Schnitt noch 71 Liter des kühlen Gerstensaftes die durstigen Kehlen runter.
Ausländer verlieren fast 5 Prozent
Der Gesamtbiermarkt wuchs im vergangenen Braujahr – es dauert traditionsgemäss vom 1. Oktober bis zum 30. September – um 1,8 Prozent auf rund 4,70 Millionen Hektoliter. Das heisst: Ausländische Anbieter haben massiv an Terrain verloren. Mit 1,14 Hektolitern wurden 4,6 Prozent weniger ausländisches Bier importiert. Schweizer Brauereien haben einen Marktanteil auf 77 Prozent ausgebaut (+2 Prozent).
Bereits zum vierten Mal in Folge gehen die Importe zurück. «Das ist erfreulich», sagte Verbandspräsident Markus Zemp gestern vor den Medien in Zürich. «Die Biervielfalt hat weiter zugenommen. Regionale Produkte werden immer wichtiger. Damit sprechen wir vor allem eine junge Kundschaft an», sagt er.
Lagerbier mit Abstand am beliebtesten
Aber wieso verlieren ausländische Brauer mehr und mehr an Marktanteilen? «Im Ausgang gönnt man sich gerne einmal einer teures Spezialitätenbier, zu Hause vor dem Fernseher dann aber ein Bier aus heimischen Brauereien». Importe lassen sich laut Kreber in zwei Segmente einteilen. «In höherpreisige Spezialitätenbiere und günstige Lagerbiere. Grundsätzlich nehmen die Importe aber ab, weil sich der Schweizer Konsument wieder auf heimisches Bier-Schaffen zurückbesinnt», sagt er weiter.
Noch immer mit Abstand am beliebtesten ist das gute alte Lagerbier. Spezialitätenbiere haben einen Marktanteil von 18 Prozent.
In Europa ist derzeit wetterbedingt die Braugerste knapp. Die Preise für die elementare Bier-Zutat steigen. Schweizer Brauer haben aber Glück. «Wir beziehen unsere Gerste in Süddeutschland und Frankreich», sagt Kreber. Dort gab es keine Schäden, die Bauern haben normale Ernten eingefahren. «Trotzdem kann man keine Aussage zu den künftigen Rohstoffpreisen machen», so Kreber zum Ausblick auf das angelaufene Jahr.
Zu wenig Braumeister
Ganz sorgenfrei sind die Brauer aber doch nicht. «Wir leiden unter Fachkräftemangel», sagt Markus Zemp. Das Problem ist die geringe Zahl an Braumeistern. 200 Berufsleute arbeiten derzeit in der Schweiz. Ein Drittel davon aus Deutschland.
Geht der Brauerei-Boom weiter, werden die Brauer knapp. Im Moment haben exakt 1017 Brauereien ihr Gewerbe bei der Schweizerischen Zollverwaltung angemeldet. «Wir brauchen mehr eigene Brauer, wollen mehr Lehrlinge ausbilden.» Pro Jahr erhalten heute zehn Lehrlinge ihr Braumeister-Diplom.