UBS-CEO Sergio Ermotti (58) hält die Kritik, die auf dem Banken-Blog «Inside Paradeplatz» an ihm und der Grossbank geäussert wird, offensichtlich nicht aus. Denn Ermotti hat per gestern, 1. August, allen rund 60'000 Angestellten den Zugang zu ebendiesem Blog sperren lassen. Zumindest auf ihren Geschäftsgeräten.
«Inside Paradeplatz» publiziert an jedem Werktag eine Story zur Schweizer Bankenszene, hat damit unter anderem das Beben rund um die Raiffeisen-Bank mit ausgelöst.
Sperrung hat Tradition
«Im Rahmen einer regelmässigen Überprüfung haben wir uns entschieden, mehrere Blogs als Social Media einzustufen», begründet eine UBS-Sprecherin den Schritt auf Anfrage. «Es steht Mitarbeitenden offen, diese Seiten von ihren privaten Geräten zu besuchen.» Welches die anderen Blogs sind, die blockiert wurden, wollte die UBS-Sprecherin gegenüber BLICK nicht verraten. Andere Medien wie das Branchenportal «Finews» sollen nicht von der Sperre nicht betroffen sein. Blick.ch ist von UBS-Servern aus ebenfalls erreichbar.
Andere soziale Netzwerke à la Facebook oder Twitter sind auf den Computern von CS und UBS seit Jahren gesperrt. Grund: Sicherheitsbedenken, schliesslich arbeiten die UBS-Mitarbeiter mit sensiblen Daten.
Zu deftige Leserkommentare
Bei der Sperrung von «Inside Paradeplatz» sind die Gründe anders gelagert: Lukas Hässig (54), der Journalist hinter Inside Paradeplatz, spekuliert, dass die teils scharfe Kritik auf seinem Blog der Grund sein soll. Und zwar nicht jene, die Hässig selbst äussert – auch wenn er für diese auch schon starke Kritik hat einstecken müssen. «Neben soliden Recherchen mit Newsgehalt (Raiffeisen) oft Halbgares, Falsches und Beleidigendes», umschreibt die «Handelszeitung» Hässigs Arbeit.
Im aktuellen Zensur-Konflikt geht es aber um die Leserkommentare unter den den redaktionellen Texten.
In der Tat sind die Kommentare dort oft deftig. So hat die «Handelszeitung» zusammengetragen, dass Bankchefs in den Kommentaren als «Nullen», «Heissluftgebläse», «Affen», «Lachnummern», «Kriecher» oder als «typische Südländer, die nur reden und nicht liefern» dargestellt werden.
Raiffeisen toleranter
Die UBS bestätigt auf BLICK-Nachfrage, dass die Härte der Kommentare den Ausschlag gegeben hat. Die Einstufung von Blogs als «Social Media», um die Zensur zu begründen, ist vor diesem Hintergrund allerdings ein komisch anmutender Kunstgriff.
Ganz anders die Raiffeisen, die auf «Inside Paradeplatz» in den letzten Monaten stark unter die Räder gekommen ist: «In unserer Internet-Policy setzen wir auf Eigenverantwortung und Ausbildung. Aus diesem Grund sind sowohl Social-Media-Plattformen wie zum Beispiel Twitter, Facebook oder Instagram als auch Blogs wie Inside Paradeplatz für die Mitarbeitenden von Raiffeisen zugänglich», schreibt eine Sprecherin. Gesperrt seien hingegen rechtswidrige und diskriminierende Inhalte sowie Pornographie. (kst)