Er wollte günstiger sein als die Konkurrenz – doch die machte ihn fertig
Der tapferste Bäcker der Schweiz

Um den Einkaufstourismus über die Grenze zu bekämpfen, verkaufte Ostschweizer Beck Aaron Lehmann Brot zum halben Preis. Bei seinen Berufskollegen kam dieses Vorhaben gar nicht gut an. Jetzt wirft Lehmann das Handtuch.
Publiziert: 07.11.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:51 Uhr
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Nach zwei Monaten bäckt Aaron Lehmann wieder zum alten Preis.
Foto: Philippe Rossier
Von Ulrich Rotzinger

Bäckermeister Aaron Lehmann (52) hat gehandelt, anstatt zu jammern. Und brachte damit die ländliche Idylle im sankt-gallischen Oberuzwil gehörig durcheinander. Seit zwei Jahren betreibt er die Bäckerei und Confiserie Wagner. Weil seine Kunden zunehmend im Ausland einkauften, senkte Aaron Lehmann die Preise seiner Backwaren ab 1. September im Schnitt um 25 Prozent (BLICK berichtete). Das meistverkaufte Ruchbrot kostete fortan 2.05 Franken pro Kilo – ein Rabatt von 57 Prozent! Das Pfünderli gabs für 1.40 statt für 3 Franken.

Doch etwas mehr als zwei Monate nach Start seiner Billig­strategie «Qualitätsbrot zu Discount-Preisen» wirft Lehmann das Handtuch. «Auf die harte Weise musste ich lernen, dass ich mit dieser Aktion mehr Feinde habe als Leute, die von den tollen Preisen profitieren wollten», sagt Lehmann zu BLICK.

Dabei lief die Aktion zu Beginn erfolgversprechend an. Der Dorfbeck berichtet von ­einem Viertel mehr Kundschaft in den ersten zwei September­wochen. Im Oktober wendete sich das Blatt, und die Kundenzahl ging wieder auf den alten Stand zurück – die tiefen Preise blieben.

Kleinbäcker aus der Region beschimpften ihn in den Me­dien, sogar das Verbandsmagazin der Bäcker berichtete über Lehmanns «Dumpingbackware». Zweimal wurde der Eingang seiner Bäckerei mit Hundekot verschmiert. Dieser Druck und die wieder rückläufigen Kundenzahlen brachen Lehmann schliesslich das Genick. Der Bäckermeister gesteht: «Mit unseren kleinen Mengen, die wir produzieren, können wir bei gleichzeitig 25 Prozent tieferen Preisen langfristig nicht existieren.»

Beat Kläy (45), Direktor des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands, bezeichnete die Billigstrategie seines Bäckermeisterkollegen von Beginn an als «kein gutes Rezept». Zwar bedauert Kläy das Scheitern Lehmanns. «Es zeigt sich jedoch einmal mehr, dass der Kunde in erster Linie wegen der Qualität die gewerblichen Bäckereien aufsucht, nicht wegen möglicher Preisvorteile.»

Allerdings: «Herr Lehmann hat mit seiner Aktion viel Mut bewiesen und sich in einem schwierigen Marktumfeld aktiv zu Wort gemeldet», sagt Kläy.

In der Dorfbäckerei von Lehmann gelten jetzt wieder die alten, höheren Preise, schreibt er in einem Brief an seine Stammkunden. Zwar kündigt er darin wieder «eine verrückte Aktion» an. Er selbst muss nun aber vorerst wieder kleinere Brötchen backen.

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