André Lüthi, Was fasziniert Sie an diesem Unrechtsstaat?
Einmal sehen ist besser als tausendmal hören. Die Menschenrechtsverletzungen – wie sie in unseren Medien dargestellt werden – verurteile ich aufs Schärfste. Doch das Land hat noch eine andere Seite, die man nicht kennt. Es ist ein Land im Umbruch.
Woran machen Sie das fest?
Das erste Mal war ich vor zwölf Jahren da. Es sah aus wie in der ehemaligen Sowjetunion. Trostlose Plattenbauten, leere Strassen, keine Reklame. Und die Menschen waren eingeschüchtert. Sie hielten den Blick gesenkt, hätten nie mit Fremden gesprochen.
Und heute?
Es ist unglaublich, in Pjöngjang hatte schon mehr als jeder zweite ein Handy am Ohr. Es gibt fünf Universitäten in der Stadt, der Bildungsgrad ist hoch, die Analphabetenrate eine der niedrigsten in ganz Asien. Eine Uni haben wir besucht, dort wird mit modernster Software gearbeitet: mit Windows-Programmen vom «Erzfeind» USA. Aber auch das Strassenbild hat sich komplett verändert.
Inwiefern?
Es hat viel mehr Autos auf den Strassen, die Häuser bilden eine moderne Skyline. Und die Menschen wirken entspannter. In Pjöngjang können sie teilweise englisch und suchen den Kontakt.
Aber wohl nur solche, die von den Aufpassern erlaubt werden…
...Sie irren sich! In Pjöngjang war ich während den letzten zwei Tagen zum Teil auch alleine unterwegs. Auf dem Land hingegen wird man als Ausländer begleitet. Das stimmt. Dort werden Reiserouten vorgegeben und es gibt verbotene Zonen.
Arbeiten Sie darauf hin, Korea als Tourismusdestination anzubieten?
Ja, aber nicht aus kommerziellen Gründen – es wird immer eine kleine Nische bleiben. Doch Reisen nach Nordkorea öffnen uns die Augen und tragen zur Aufweichung des Systems bei. Es fliessen Informationen in das Land und aus dem Land. Ich könnte mir vorstellen, dass sich Pjöngjang längerfristig dem Modell China annähern möchte.
Welche Auflagen muss man erfüllen, damit man einreisen darf?
Sie brauchen ein Visum. Im Normalfall bekommen Sie das in drei Tagen. Buchen müssen wir über das eine staatliche Reisebüro. Das organisiert dann auch die Begleiter und sagt, wo sie hindürfen. Und wo nicht.
Kann es ein riskanter Trip sein?
Nein, wenn man sich an die Auflagen hält, sicher nicht. Wir fühlten uns in jeder Minute absolut sicher.