«Gaskraftwerke müssen enttabuisiert werden, denn wir müssen uns wahrscheinlich auf sie als Aushilfe abstützen», sagte Carlo Schmid-Sutter, Präsident der Eidgenössischen Regulierungsbehörde (ElCom), in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» (Samstagsausgabe). Kritiker von Gas-und-Dampf-Kombikraftwerken bemängeln, dass die Anlagen wegen des CO2-Ausstosses Umweltbemühungen zuwider laufen.
Der Ende Jahr abtretende Präsident der staatlichen Stromaufsicht erklärte, wenn die Schweiz Versorgungslücken durch Stromimporte schliesse, erhalte sie einen Mix mit sehr viel Kohlestrom. Strom aus Gas produziere aber nur halb so viel CO2 wie Strom aus Kohle. «Es ist schlauer, in der Schweiz Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke aufzustellen, als aus Polen Kohlestrom zu importieren.»
Der frühere Innerrhoder CVP-Ständerat Schmid-Sutter bezweifelt, dass unter den herrschenden Marktbedingungen parallel zum Wegfall des Atomstroms im Inland die erneuerbaren Energien rasch und stark genug aufgebaut werden. «Es gibt einen Graben zwischen Versorgungssicherheit und ökonomischer Vernunft, der durch die Politik und letztlich durch den Steuerzahler überbrückt werden muss.»
Der ElCom-Präsident plädiert für einen «staatlichen Kauf von mehr Versorgungssicherheit» und damit für entsprechende Reservekraftwerke für den Winter. Der Staat solle als Besteller auftreten. «Wer die Produktionskapazität am günstigsten bereitstellt, erhält den Zuschlag.» Der Bundesrat sollte gesetzlich verpflichtet werden, solche Ausschreibungen für den Ausbau durchzuführen, wenn sich abzeichne, dass die Ziele bis zum Wegfall aller AKW nicht erreicht würden.
An der Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg hatte Schmid-Sutter keine Freude. «Ich weiss nicht, wie man sich freuen kann, wenn schlagartig fünf Prozent der schweizerischen Stromerzeugung wegbrechen. Das ist für mich kein Grund zum Feiern, sondern ein Grund zur Sorge.»
In der Schweiz war am Freitag erstmals ein Atomkraftwerk abgestellt worden. Die Betreiberin BKW nahm die Anlage in Mühleberg nach 47 Jahren aus wirtschaftlichen Gründen vom Netz. Der Bundesrat begrüsste den Schritt. Energieministerin Simonetta Sommaruga (SP) sprach auf Twitter von einem «historischen Tag". Die Zukunft gehöre der einheimischen, sauberen Energie aus Wasser und Sonne.
(SDA)