Christbäume sind ist so was wie die Schweizer Nati unter den Pflanzen. Nirgendwo sonst verblasst derart vollständig die ursprüngliche Herkunft hinter dem Schweizer Kreuz. Shaqiri? Embolo? Tor! Ein Schweizer! Ist schliesslich hier aufgewachsen.
Paul Brunner würde diese Argumentation stützen. Er zieht in Oberrüti AG kleine Nordkind-Bäumli zu Nordmann-Tannen heran. Die sind für ihn richtige Eidgenossen. «Da die Bäume hier in der Schweiz grossgezogen werden, ist es völlig richtig, von Schweizer Bäumen zu sprechen», erklärt Brunner.
Wären die Schweizer Weihnachtsbäume eine Fussballmannschaft, würden allerdings viele - Schwilis und -Nadzes auf dem Feld stehen. Denn: «Etwa 80 bis 90 Prozent der Samen, aus denen die Bäume gezogen werden, stammen aus Georgien», sagt der Christbaumzüchter.
Kaukasisches Quasi-Monopol
Sein Dachverband, die IG Suisse Christbaum, bestätigt die kaukasischen Wurzeln der Schweizer Christbäumli. «Es gibt fast keine anderen Tannen als solche, die aus kaukasischen Samen gezüchtet sind», sagt Philipp Gut aus dem Verbandsvorstand.
Auch die Jungpflanzen, die die Schweizer Produzenten aus Dänemark oder Deutschland importieren, seien meist kaukasischen Samen gezogen, sagt Gut. «Die Kaukasier haben quasi ein Monopol auf die Samenherstellung. Früher oder später enden alle Lieferwege im Kaukasus.»
Dort machen sich georgische Männer im Herbst für zwei bis drei Wochen auf in den Wald. Dort klettern sie häufig ungesichert bis zu den Wipfeln der Tannen und pflücken deren Zapfen von Hand.
Schweizer Tannen ungeeignet
Sechs Personen könnten an einem Tag etwa anderthalb Tonnen pflücken, erklärte vergangenes Jahr ein georgischer «Abzapfer» einem deutschen Journalisten. Dänische Firmen kauften die Zapfen dann, entnähmen die Samen und verkauften sie in Europa weiter. Auch in die Schweiz.
Die kann wirklich froh sein über die Masseneinwanderung aus dem Kaukasus. Denn die urschweizerischen Nadelbäume sind denkbar ungeeignet als Weihnachtsbäume. Die Rottanne – auch Fichte genannt – nadelt zu schnell. Und die Weisstanne? Ist teilweise bedroht und ausserdem ist ihr Nadelkleid nicht dicht genug.