Eine verhängnisvolle Bekanntschaft
Schweizer Hugo-Boss-CEO im Benko-Strudel

Daniel Grieder, Schweizer Chef des deutschen Modegiganten Hugo Boss, hat stürmische Tage hinter sich. Grund ist ein E-Mail an den Pleitier René Benko.
Publiziert: 08.12.2024 um 12:32 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2024 um 14:10 Uhr
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Alles wegen einem E-Mail: Boss-CEO Daniel Grieder sorgt sich um seinen Ruf.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

  • Hugo-Boss-Chef Grieder wehrt sich gegen den Vorwurf geheimer Absprachen mit Benko
  • Grieder bittet für unglücklich formulierte E-Mail an Benko um Entschuldigung
  • Aktienkurs zeitweise eingebrochen, 3000 Mitarbeitende bei Betriebsversammlung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Messehalle Stuttgart am letzten Dienstag: Rund 3000 Mitarbeitende des Modeunternehmens Hugo Boss strömen an die jährliche Betriebsversammlung. Normalerweise ein eher unspektakuläres Ereignis, ist es dieses Jahr jedoch von ungewohnter Brisanz. Die Angestellten wollen von ihrem Vorstandsvorsitzenden wissen, ob der gravierende Vorwurf stimmt, den österreichische Medien in den vergangenen Tagen gegen ihn verbreitetet haben: Hat Daniel Grieder (63) hinter dem Rücken der Firma mit dem österreichischen Pleitier René Benko (47) paktiert?

Grieder soll mit dem Financier, gegen den mittlerweile ein Haftbefehl aus Italien vorliegt, geheime Pläne für eine Beteiligung an Hugo Boss geschmiedet haben. Die «Kronen Zeitung» gab brisante Details zum vermeintlichen «Geheimplan Tango» bekannt. Das Wiener Blatt und weitere Medien beriefen sich auf eine kurze Präsentation, angehängt an ein Mail, das Grieder am 26. März 2023 von seinem privaten Account an Benko verschickt hatte.

Demnach hätten Grieder und andere zunächst Anteile an Hugo Boss und später Beteiligungen an anderen Modemarken wie Adidas oder Bogner übernehmen sollen. Irgendwann, nach seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Vorstand, wäre Daniel Grieder dann für die Führung der gesamten Gruppe verantwortlich gewesen.

«Es gab kein Geheimprojekt»

Im Mail informierte er Benko zudem darüber, dass er einige Wochen später am Investorentag ein Strategieupdate mit 5 statt 4 Milliarden Euro Umsatz bis 2025 verkünden werde. Was dann tatsächlich stattfand.

Daraus entwickelte sich eine Verschwörungstheorie mit Zündstoff. Tagelang stand Grieder unter Beschuss, der Aktienkurs des Unternehmens rasselte zeitweise in den Keller. Für den CEO ist der Shitstorm ein harter Schlag. Der Schweizer hat sich in über drei Jahrzehnten in der Modebranche einen exzellenten Ruf erarbeitet, sein Name kann Aktienkurse bewegen. Was er anfasste, wurde bisher zu Gold. Jetzt sieht er sein Lebenswerk in Frage gestellt.

Grieder wehrte sich auch vor den Mitarbeitenden vehement gegen den Vorwurf der Heimlichtuerei. «Wesentliche Teile der Berichte entsprechen nicht den Tatsachen: Insbesondere gab es kein Geheimprojekt», sagte der CEO in der Messehalle laut bestens informierten Quellen. Seine Kernaussage: Da ist nichts dran.

Grieders Umfeld beteuert, dass sein Handeln «stets auf das Wohl von Hugo Boss ausgerichtet war und ist» und «niemals auf persönliche Interessen».

Einen Fehler habe er allerdings begangen, soll er gesagt haben: Das Mail sei im Nachhinein keine gute Idee gewesen, unglücklich formuliert und es habe einen erheblichen Pressewirbel verursacht.

Dafür soll er sich bei der Belegschaft entschuldigt haben.

Wie kam es zur verhängnisvollen Bekanntschaft der beiden Topmanager? Kennengelernt haben sie sich im österreichischen Nobelskiort Lech am Arlberg, wo sowohl Benko als auch Grieder ein Ferienhaus besitzen.

Der Kurs ist wieder 15 Prozent gestiegen

Klar ist: Ein zweiter Ankeraktionär neben der Familie Marzotto würde für Hugo Boss auch Vorteile mit sich bringen. Die Signa-Gruppe war damals mit ihren Kaufhausaktivitäten wie Globus, Selfridges, La Rinascente oder KaDeWe ein namhafter Kunde von Hugo Boss. Und Grieder glaubte an einen «Perfect Match».

Bekannt wurde auch, dass Daniel Grieders Frau rund einen Monat vor dem verhängnisvollen E-Mail ein Aktienpaket im Wert von knapp 1,5 Millionen Euro kaufte, wie Medien berichteten.

Auch dieser Vorwurf scheint sich in Luft aufzulösen. Die von Daniel Grieder und seiner Frau getätigten Aktienkäufe standen im Einklang mit geltendem Recht und wurden ordnungsgemäss veröffentlicht, wie das Unternehmen bestätigt.

Inzwischen hat Hugo Boss mit der Frasers Group einen zweiten Ankeraktionär. Es gebe «keine Anhaltspunkte für die Verletzung geltender insiderrelevanter Gesetze», betonen Aufsichtsrat und Unternehmen.

Mittlerweile kann Grieder einen Befreiungsschlag verbuchen: Diese Woche wurde bekannt, dass ihm der Aufsichtsrat volles Vertrauen ausgesprochen hat. Auch der Aktienkurs ist seither wieder etwa 15 Prozent gestiegen.

Die Medienberichte haben unterdessen die Bankenaufsicht Bafin und die Tübinger Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Hugo Boss hat zugesagt, mit den Behörden zu kooperieren – und ist zuversichtlich, dass die Voruntersuchungen Daniel Grieder ebenfalls entlasten werden.

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